Eine Fluggesellschaft, die sich selbst als „Boutique Airline“ deklariert, weckt Erwartungen. Da denkt man an persönlichen Service, besonders viel Privatsphäre und ganz viel Liebe zum Detail, statt Ausstattungseinerlei. Bei La Compagnie dürften es jedoch vor allem die günstige Preisrange sein, die Passagiere anlockt. Jedoch: Wie sind niedrige Preise mit dem Anspruch einer Boutique Airline vereinbar? Und kann La Compagnie tatsächlich mit dem Standard der Großen mithalten? Chefredakteurin Friederike Hintze ist dieser Frage nachgegangen und mit der Business Class-Airline nach New York geflogen…
Vor dem Flug: Lange Wege bis zur Maschine
Bewertung: 3 Punkte
Um mit der Boutique-Airline zu fliegen, muss man zunächst nach Paris-Charles-de-Gaulle fliegen, um im Anschluss den weiten Laufweg und die Shuttlefahrt von Terminal 2 zu Terminal 1 am anderen Ende des Areals auf sich nehmen. Direktflüge aus beispielsweise Deutschland bietet die Fluggesellschaft (noch) nicht an. Für manch einen mag das bereits ein Dealbreaker bei der Buchung sein. Jedoch: Die Preise bei La Compagnie sind niedrig. Sehr niedrig. Im Gegensatz zu den großen Airlines, bei denen ein Hin- und Rückflug in der Business Class von New York bei rund 3500 Euro starten, liegen die Preise der Boutique Airline bei durchschnittlich 2000 Euro, mit etwas Glück oder bei Promo-Aktionen sogar deutlich darunter. So ist man mit einem Zubringerflug immer noch günstiger unterwegs, als mit einem Direktflug.
Zügig geht es durch die Pass- und die Sicherheitskontrolle. Natürlich, weil man auch durch die First-Access-Line spazieren kann. Das tröstet ein wenig über die zuvor zurückgelegten „Anfahrtsflüge“ hinweg. Die Wartezeit am Pariser Flughafen kann man in der Lounge verbringen, wenn auch nur in der wenig eleganten, eher pragmatisch eingerichteten Icare Lounge. In New York Newark handelt es sich wiederum um die gut besuchte, aber kaum empfehlenswerte Art & Lounge. Dicht bei dicht sitzt man hier nebeneinander, lieblos ist der Service, noch liebloser die sanitären Anlagen: Man ist von den meisten Business-Lounges besseres gewohnt.
Kabinenausstattung: Der Stil von La Compagnie
Bewertung 3,5 Punkte
Nach einem Welcome-Drink (mit oder ohne Champagner), startet der Flieger eine halbe Stunde zu spät. Ärgerlich ist dabei vor allem, dass das Entertainment-Programm während die Maschine steht, noch nicht funktioniert. Dafür ist eine WiFi-Verbindung nötig, die sich erst nach dem Start aufbaut. Wer allerdings glaubt, diese Verbindung könne man auch für das Arbeiten am Laptop nutzen, der irrt. Bei La Compagnie wird nur offline gearbeitet. Das ist bedauerlich, gerade für Geschäftsreisende. Immerhin dauert der Flug nach New York über sieben Stunden.
Für jeden Passagier liegen Decken und Kissen sowie ein Amenity-Kit unter anderem mit der obligatorischen Schlafbrille, Ohrstöpsel und Pflegeprodukten von Caudalie bereit. Jedoch: Ein genauer Blick auf die Decke und das Kissen ist ratsam. Ein Passagier musste seine Decke wechseln lassen – ausgewaschene Kaffeeflecken und Haare waren das Problem, was dem Servicepersonal sichtlich peinlich ist. Auch in den Waschräumen wird der Business-Class-Service nicht konsequent durchgezogen. Hier ließen sich durchaus höhere Ansprüche an die Reinlichkeit und Ausstattung setzen.
Sitzkomfort: Beachtliche Beinfreiheit
Bewertung: 4,5 Punkte
Gerade einmal 74 Plätze umfasst die La Compagnie-Maschine, eine Boeing 757-200. Jeder hat genügend Raum für sich und sein Gepäck. Die Unternehmensfarben, ein helles Blau und ein helles Grau dominieren das Interieur. Die Plätze sind in 2-2 Konfiguration eingeteilt, was bedeutet: Wer am Fenster sitzt, muss stets den Nachbarn bitten aufzustehen, wenn er den Platz verlassen möchte. Das ist lästig – insbesondere auf einem Langstreckenflug.
Hervorragend sind die ergonomisch geformten, individuell einstellbaren und sehr bequemen Sessel, die man sich nach Lust und Laune per Knopfdruck verstellen kann – je nachdem, ob man ruhen, schlafen, arbeiten, einen Film schauen oder essen möchte. Jeder Platz bietet beachtliche Beinfreiheit. Mehr Raum, als man es von mancher Business Class der großen Airlines gewohnt ist.
Kulinarik: Beachtliche Weinauswahl
Bewertung: 4 Punkte
Gerade auf die kulinarische Versorgung ist man bei La Compagnie besonders stolz. Immerhin, so das Versprechen, stammen die Kreationen und Menüs Gourmetkoch Christophe Langrée. Da wird als Vorspeise feines Bresola-Rind mit Auberginen-Parmesan-Kaviar oder Couscous-Salat mit Birnenstreifen serviert. Bei der Hauptspeise kann man zwischen Hühnerbrust in Limonensauce oder Lachs mit gebackenem Apfel wählen. Eine vegetarische Alternative gibt es nicht. Man hätte aber vorab darum bitten können. Beachtlich ist die Auswahl an (vornehmlich französischen) Weinen und der perfekt temperierte Champagner von Piper-Heidsieck.
Service: Alle Hände voll zu tun
Bewertung: 3,5 Punkte
Das Servicepersonal an Board von La Compagnie ist freundlich und zuvorkommend – allerdings nur dann, wenn es denn mal vor Ort ist. Schwerlich erreicht man die Flugbegleiter, wenn man den roten Knopf über sich drückt. Meistens wird man in dieser Hinsicht ignoriert. Man verzeiht es in Anbetracht dessen, dass das Servicepersonal unablässig in Bewegung ist und alle Hände voll zu tun hat. Ein viertes Mitglied im Team würde sicher keinen Schaden tun.
Gesamturteil: La Compagnie Business Class
Bewertung: 3,5 Punkte
Wer einen sehr hohen Anspruch an eine Business Class hat, wird bei La Compagnie höchstwahrscheinlich enttäuscht. Es häufen sich die kleineren und größeren Nachteile: Gerade für Business-Reisende aus Deutschland ist der Zubringerflug nach Paris sicherlich ein Totschlagargument. Wohl aber ist das Essen von feiner Qualität, das Entertainment-Programm stattlich: Insofern eignet sich die Airline vor allem für Städtetouristen mit gehobenen Ansprüchen, die vielleicht einen Zwischenstopp in Paris einlegen möchten. Jedoch darf man bei seinem Urteil eine Sache nicht vergessen: La Compagnie ist unschlagbar günstig. Wer Glück hat, zahlt für einen Flug unter 2000 Euro. Für diesen Preis sind Service und die Ausstattung vollkommen zufriedenstellend.
Auf einen Blick
- 5 Punkte: Übertrifft die Erwartungen
- 4 Punkte: Entspricht voll den Erwartungen
- 3 Punkte: Entspricht den Erwartungen mit kleinen Abzügen
- 2 Punkte: Entspricht den Erwartungen mit beträchtlichen Abzügen
- 1 Punkt: Produktversprechen werden nicht eingehalten