Freistoff im Reinstoff

Freistoff im Reinstoff: Eine kulinarische Reise

© Friederike Hintze

2009 eröffnete der Koch Daniel Achilles mit seiner Lebensgefährtin Sabine Demel in einer ehemaligen Glühlampenfabrik in Berlin-Mitte das Reinstoff. Schnell sorgte das Restaurant für Furore, ist mittlerweile mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet und eines der besten Restaurants in Berlin. Doch zwei Mal im Jahr verwandelt sich das Reinstoff für etwa einen Monat lang ins Freistoff. Dann werden die Sterne einmal beiseite geschoben und Platz für leichte Küche, ein legeres Konzept und bezahlbare Menüs gemacht. 

Letztes Jahr im Sommer präsentierte Daniel Achilles das erste Mal sein Freistoff-Konzept: Statt während des bekannten Sommerlochs Urlaub zu machen, nahm der Sternekoch seine Gäste mit auf eine kulinarische Reise. Die ursprüngliche Karte wurde damals von einem asiatischem und lateinamerikanischem Streetfood inspirierten Menü ersetzt. Die Idee, für einen Monat lang eine Art Pop Up-Restaurant zu etablieren, trug Früchte und zog auch ein neues, jüngeres Publikum an.

Freistoff im Reinstoff

Bereits zum zweiten Mal verwandelt sich das Reinstoff ins Freistoff.

© Friederike Hintze

Das Freistoff im Reinstoff Volume 2

An den Erfolg will man nun erneut anknüpfen: Bis zum 18. März 2017 wird das Reinstoff erneut mittags und abends zum Freistoff. Die weiße Stofftischdecke weicht frustikalen Packpapier. Das Geschirr ist Vintage, das Besteck wird zwischen den Gängen nicht ausgetauscht, sonder einfach zur Seite gelegt. Man kann ja ohnehin nichts dreckig machen. Auch das gehört zum Konzept von Freistoff, erklärt Chef-Sommeliere Maria Rehermann. Alles läuft hier legerer als sonst ab. Und rasch: Die Bestellungen werden aufgenommen, auf die Gerichte muss man nicht allzu lange warten. Das ist auch für Geschäftsleute interessant: Ein Lunch-Termin im (eigentlichen) Sterne-Restaurant schindet sicherlich Eindruck.

Freistoff im Reinstoff

Ob Menü oder à la Carte: Die Preise im Freistoff sind bezahlbar.

© Friederike Hintze

Freistoff: Großbritannien ist sehr schmackhaft!

Dieses Mal steht die Küche im Freistoff im Zeichen der britisch-schottisch und ab dem 28. Februar der indischen Küche. Vor allem mit den Gerichten Großbritanniens verknüpft nicht jedermann kulinarische Hochgenüsse. Dass UK-inspirierte Kreationen aber durchaus schmackhaft sind, stellt Achilles im Freistoff (Volume 2) durchaus unter Beweis: Die Karte lässt Gutes erahnen. Speisen wie kalte oder warme Austern mit Eschalotten-Vinaigrette und Cheddar gratiniert (3 Stück für 10 Euro), Black-Pudding-Ravioli, Wurzelgemüse und Bohnen (12,50 Euro) oder ein Sardinentoast mit gepökelten Rind und Chips (12 Euro) reihen sich da aneinander. Aus ausgewählten à-la-Carte-Gerichten wurde zudem ein vier-Gänge-Menü zusammengestellt, für faire 51 Euro.

Freistoff im Reinstoff

Als Amuse-Gueule werden einfach Sole-Wachteleier im Freistoff gereicht.

© Friederike Hintze

Einfach mal auf etwas Neues einlassen

Aber zum Anfang gibt es erst einmal Sole-Wachteleier. Es ist quasi das Freistoff-Amuse-Gueule. Im Anschluss wählen wir gebeizten Loch Duart Lachs (12 Euro) und gebratene Lamminnereien mit Topinambur, Apfel und Cider (14 Euro). Erfrischend und leicht ist der Lachs, zu dem Tellerkraut (eine Salatpflanze) und Rumbledethumps gereicht werden. Bei lezterem, das erfährt der googlende oder fragende Gast, handelt es sich um ein typisch schottisches Gericht, das aus Kartoffeln, Kohl und Zwiebeln besteht. Intensiv präsentieren sich wiederum die Lamminnereien, die aus Leber, Bries und Bäckchen bestehen – und wie es sich für Innereien gehört: Das muss man mögen. Aber, bei einer kulinarischen Reise geht es ja auch immer darum, sich auf etwas Neues einzulassen. Die fair kalkulierten Preise ermöglichen das auch.

Freistoff im Reinstoff

Laminnereien im Freistoff, fein angerichtet und intensiv gewürzt.

© Friederike Hintze

Freistoff: Es muss nicht immer Sterneküche sein

Herausragend präsentiert sich wiederum der Frischlingsbauch. Sprich: Ein himmlisch zarter Wildschweinbauch mit Pfeffer, Rosinen, Sherry und Sellerie. Man braucht kaum ein Messer, um das Fleisch zu zerteilen. Exzellent und – wenn auch mit 20 Euro das teuerste Gericht auf der Karte – absolut bezahlbar.Ein leichtes, aromatisches Winter-Gericht wiederum ist der Winter-Kabeljau mit eingelegten Gemüse, Kartoffel und Senf. Alles andere als leicht, dafür aber verführerisch präsentieren sich die Desserts – Karamell-Apfel im Blätterteig und Eis aus Clotted Cream oder Trifle-Dessert aus Schokolade, Minze, Löffelbiskuit und Whiskey-Eis wärmen nicht nur den Bauch – sondern auch die Seele. Dazu wird ein hervorragender Espresso, ein kleiner Keks und die Erkenntnis serviert, dass der Gourmet nicht immer Sterneküche braucht, um zufrieden zu sein.

Freistoff im Reinstoff

So sieht das Reinstoff normalerweise aus. Als Freistoff weichen die Tischdecken braunen Packpapier.

© Reinstoff

Auf einen Blick

Freistoff im Reinstoff. Adresse: Schlegelstraße 26c, 10115 Berlin. Geöffnet  in der Zeit vom 7. Februar bis 18. März 2017 immer dienstags bis samstags zum Lunch und zum Dinner von 12 bis 14 Uhr sowie von 18:30 bis 22:30 Uhr. 07.02. - 25.02.2017 Großbritannien 28.02. - 18.03.2017 Indien

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