Carsten Michaelis NetJets

NetJets Europe: Interview mit Carsten Michaelis

© PR / NetJets

Private Aviation ist im Trend: Denn das Reisen mit dem Privatjet ist schon lange keine Angelegenheit mehr von Hollywood-Stars oder Oligarchen. Auch für Geschäftsleute werden die Angebote immer interessanter. Die Firma NetJets lebt beispielsweise von Business Travellern, erklärt uns Carsten Michaelis. Wir trafen den Senior Vice President für Zentral- und Osteuropa während eines NetJet-Fluges von Frankfurt nach Monaco auf ein Gespräch.

TFT: Herr Michaelis, wie laufen die Geschäfte?

Carsten Michaelis: Der Markt von Private Aviation ist keiner, der ein unheimliches Wachstum verzeichnet, sondern eher ein moderater Markt. Der Kuchen wird nur langsam größer. Deswegen sage ich immer: Wir sind vorsichtig optimistisch. Wir konnten unsere Marktanteile vergrößern. So konnten wir die Anzahl der Flüge im ersten Halbjahr 2016 um 4,1 Prozent steigern, die Anzahl der Passagiere wiederum um 7,5 Prozent. Das liegt auch an unseren Investitionen, beispielsweise in neue Flugzeuge, wie die Citation Latitude von Cessna, oder in WiFi an Board.

Erzählen Sie uns mehr zu dem Markt: Was macht ihn so besonders?

Sie müssen sich Folgendes vorstellen: In Europa gibt es etwa 2000 Jets. Die gehören 800 Unternehmen. Das heißt, der Markt ist kleinteilig und heterogen. Sehr oft werden Privatjets von Privatpersonen verchartet, die ihren Jet gerade nicht nutzen, ihn aber zur Nutzung anderen Geschäftsleuten anbieten. Unser Geschäftsmodell ist da anders: Wir machen keine Einmalflüge, das klassische Chartern bieten wir nicht an.

Sondern?

Man kann uns in vielen Punkten mit einer Fluggesellschaft vergleichen. Wir besitzen etwa 700 Privatjets weltweit, 100 davon sind in Europa. Wir haben eigene Piloten, eigene Wetterspezialisten und eigene Trainingscamps. Auch unser Sicherheitsanspruch ist so hoch, wie bei einer regulären Fluggesellschaft. So differenzieren wir uns stark von klassischen Charter-Anbietern. Ein Beispiel: Bei einem Chartflug nach Nizza zahlt der Kunde den Hinflug und in der Regel auch den Leerflug zurück, es entstehen Extrakosten. Das ist bei uns nicht der Fall. Die Kunden zahlen lediglich die Strecke von A nach B. 

In den 80er Jahren investierte Großinvestor und Unternehmer Warren Buffett in NetJets: Wie kam es dazu?

Warren Buffett besaß zuvor eigene Privatjets. Er ärgerte sich darüber, dass diese über längere Zeiträume komplett ungenutzt waren oder immer dann an einem anderen Standort standen, als er sie gerade benötigte. So kam er auf NetJets: Das Konzept gefiel ihm so gut und er investierte.

Sie bieten ausschließlich Teilhaberschaften an: Warum gibt es bei Ihnen keine Einzelflüge?  

NetJets basiert auf dem Modell, dass man über Teilhaberschaftt eine bestimmte Menge an Flügen kauft, die man dann beliebig jederzeit nutzen kann. Wir garantieren, innerhalb von zehn Stunden vor Ort zu sein – egal, wo Sie sich aufhalten. Weiter müssen Sie nicht planen. Unsere Kunden können auf ihrem Flug so viele Menschen, wie in den Jet passen, mitnehmen. Ohne Mehrkosten. Auch die Verpflegung ist inkludiert. Das heißt: Wir haben eine gewisse Infrastruktur und müssen planen können. Im Charter-Geschäft sind die Kosten relativ unvorhersehbar. Immerhin beschäftigen wir 1500 Mitarbeiter allein in Europa, 600 davon sind Piloten. Das Teilhaberschaftsmodell ist kalkulierbar. Nur so können wir auch die gleichbleibende Qualität und Flexibilität anbieten, für die wir stehen wollen.

Das heißt, „Billiganbieter“ wie Jetsmarter oder andere Charterunternehmen, die Restplätze vergeben, beeinträchtigen nicht ihr Geschäft?

Nein. Da unser Geschäftsmodell ein gänzlich anderes ist, stellen andere Charter-Anbieter keine Konkurrenz für uns dar. Wir bieten das Anywhere-und-Anytime-Prinzip an. Das wissen unsere Kunden zu schätzen.

Haben Sie Einsteigerangebote?

Ja. Es gibt eine Privatjet-Karte, die der Kunde einmalig bezahlt. Hier haben Sie 25 Flugstunden, die man dann ganz bequem abfliegen kann. Das wird von vielen am Anfang genutzt, um das Angebot von NetJets kennenzulernen. 

In Euro ausgedrückt: Ab welcher Summe ist man bei NetJets dabei?

Das ist sehr schwierig zu sagen und hängt immer von der Menge und der Länge der Flüge sowie dem jeweiligen Jet und dessen Ausstattung ab. Auch bei der Privatjet-Karte variieren die Preise. Aber man kann in etwa sagen: Es geht bei einem Stundenpreis von unter 5000 Euro los, egal, wie viele Personen an Bord sind – ob eine oder fünf. Und es fallen keine weiteren Positionierungskosten an. Zudem bieten wir die volle Flexibilität: Das Meeting dauert länger? Kein Problem. Der Jet wartet auf sie. Aus gutem Grund ändert sich unser Flugplan etwa alle zwei bis drei Minuten, weil sich der Plan des jeweiligen Fluggasts ändert.

Warum sollten Geschäftsmänner und -frauen NetJets nutzen und nicht „commercial“ in der Business Class oder First Class fliegen?

Gerade für Geschäftsleute bieten wir besondere Vorteile. Stellen Sie sich vor, es gäbe keine Privatjets: Dann ginge für viele Unternehme viel Zeit verloren. Die Anreise zu einem größeren Flughafen, der lange Check-In, die Sicherheitskontrolle, die Wartezeiten, das Umsteigen, die Weiterreise zur eigentlichen Destination. Das ist ein großer Zeitfaktor, den man sich mit Privatjets einspart. Natürlich ist Private Aviation nicht für jedes Segment geeignet, doch gerade für Geschäftsleute bieten sich so viele Vorteile. Bei einem kommerziellen Flug muss sich der Unternehmer oder die Unternehmerin nach der Fluggesellschaft richten. Wir aber richten uns nach unserem Fluggast. Und ich denke, dass dies in Zukunft noch stärker als Vorteil angesehen wird.

Was bieten Sie sonst noch an Vorteilen?

Abgesehen von dem Zeitfaktor und der Flexibilität, ist es wohl die Ausstattung: Wir bieten WiFi an Board und ein großes Entertainment-System. In den neuen Maschinen, beispielsweise der Citation Latitude, können Sie jegliche Funktionen, Musik, Jalousien, Temperatur über das Touchpad bedienen. Zudem können wir mit den Jets eine Höhe von bis zu 45.000 Fuß erreichen. Dadurch fliegen wir über der Wetterzone, der Flug ist besonders ruhig und angenehm. Wir haben spezielle Luftfilter, wodurch Viren oder Mikroben fast vollständig rausgefiltert werden. Unsere Luft ist besonders rein. Auch die Luftfeuchtigkeit ist bei uns besser, als auf einem kommerziellen Flug. Dadurch trocknen einerseits die Atemwege und die Haut nicht aus, mehr noch: Sie kommen entspannt und nicht so geschafft am Zielflughafen an.  

Woraus setzt sich Ihre Kundschaft zusammen? 

Wir haben etwa 25 Prozent Privatleute, 25 Prozent Geschäftsleute. Und der Rest ist ein bunter Mix aus beiden. (lacht) Die Kunden, die mit uns fliegen, kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Einzelunternehmer, Mittelständler, Großkonzerne, Sportler, Young Professionals, Künstler.

Wie finden Sie ihre Kunden?

Vieles geht bei uns über Empfehlungen. Da macht der eine Kunde eine gute Erfahrung mit uns und empfiehlt NetJets seinen Geschäftspartnern weiter. Aber auch Veranstaltungen sind für uns extrem wichtig: Auf der Monaco Yacht Show beispielsweise gibt es eine hohe Trefferquote bei der Deckungsgleichheit von Kunden. Diejenigen, die sich eine Yacht kaufen können, können sich auch ohne Weiteres eine Teilhaberschaft bei NetJets leisten und wollen diese Art von Reisen. Wir bewegen uns aber auch auf geschäftlichen Veranstaltungen und Businessplattformen im Tec und Startup-Bereich ebenso, wie im Feld der mittelständischen Unternehmen. Wir haben aber auch ein eigenes Team für Events.

Wofür ist das zuständig?

Zum Beispiel veranstalten wir für unsere Owner private Konzerte mit gemeinsamen Dinner. Jessie J stand da beispielsweise schon einmal auf der Bühne oder Andrea Boticelli. Oder wir laden unsere Kunden zum Monaco Grand Prix mit eigener Terrasse oder der Art Basel mit VIP Bereich ein. Das ist noch einmal das bisschen „Mehr“, das wir bieten wollen.

Wie wichtig sind der deutsche Markt und die deutsche Geschäftswelt für Sie?

Deutschland ist ein Kernmarkt. Allein, wegen der Lage, in der Mitte von Europa. Aber auch wegen der starken Außenhandelsbeziehungen der Konzerne und der hohen Anzahl an mittelständischen Unternehmen. Das ist im Bereich der Aviation ein wichtiger Punkt. In Deutschland konnten wir im Jahr 2015 einen Kundenzuwachs von rund 14 Prozent verzeichnen.

Stehen auch prominenten Namen in ihrer Kartei?

Das ist so ein Thema… unsere Kunden schätzen die Diskretion und wollen in der Regel nicht, dass ihre Namen genannt werden. Aber ein paar, das weiß ich, darf ich nennen. Der Yacht-Designer Riza Tansu gehört dazu. Ebenso Nico Rosberg oder Roger Federer.

Sie können selbst die entlegensten Bergdörfer anfliegen: Wie häufig wird das genutzt?

Über 80 Prozent der Flughäfen, die wir anfliegen, sind solche, die keine tägliche Flugverbindung haben. Also gerade die kleinen „Hard-to-Reach“-Orte werden von unseren Gästen besonders gerne angeflogen. Das macht ja auch den besonderen Charme von NetJets aus. Wir bringen Sie überall hin.

Herr Michaelis, wir danken Ihnen für das Gespräch.


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