Davidoff CEO Hans-Kristian Hoejsgaard Im Interview mit THE FREQUENT TRAVELLER

Davidoff CEO Hans-Kristian Hoejsgaard im Interview

© Oettinger Davidoff AG

„Genuss ist immer ein Luxus, aber Luxus ist nicht immer ein Genuss.“ – ein Satz, der sogar ein Business Interview zum philosophischen Zwiegespräch eskalieren lässt. Anfang Februar eröffnete Davidoff seine Deutschlandzantrale in Hamburg und tritt nach mehr als sechzig Jahren selbstständig im deutschen Markt auf. THE FREQUENT TRAVELLER traf den Davidoff CEO Hans-Kristian Hoejsgaard und stellte Fragen zur Digitalkompetenz von Davidoff, neuen Markttrends und den fast vergessenen Zigarren in der First Class.

TFT: Hallo Herr Hoejsgaard, willkommen in Hamburg. Was hat Davidoff dazu bewogen, direkt in den deutschen Markt einzusteigen, zumal die Partnerschaft mit Arnold André über Jahrzehnte sehr erfolgreich verlief?

Hoejsgaard: Wir haben festgestellt, wenn man die Luxusnische nachhaltig besetzen will, dann hat man schlichtweg einen Wettbewerbsvorteil über den direkten Markteintritt. Darum haben wir in den letzten Jahren unser Netz an Tochtergesellschaften ausgebaut – nicht nur in Deutschland.

TFT: Hat sich der Zigarrenmarkt im letzten Jahrzehnt denn verändert?

Hoejsgaard: Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen ist sicherlich, dass Premiumzigarren nicht mehr vordergründig mit Rauchen in Verbindung gebracht werden. Es geht um andere Aspekte. Das neue Motto von Davidoff „Time beautifully filled“ ist das Ergebnis internationaler Marktstudien und rückt deshalb die Zeremonie in den Vordergrund. Genussmomente stellen eine Art Katalysator für das Individuum dar. In unserem Falle kann man eine Pause von 40 bis 50 Minuten mit Freunden einlegen oder alleine reflektieren. Ich sage immer: Genuss ist immer ein Luxus, aber Luxus ist nicht immer ein Genuss. Das passt sehr gut zum Zeitgeist. Eine Zigarre verlangt Zeit und das unterscheidet sie von einer Handtasche oder einem Kleidungsstück. Diese veränderte Wahrnehmung hat wohl die aktuell größte Auswirkung auf den Zigarrenmarkt.

TFT: Viele Luxusmarken aus den verschiedensten Branchen verlagern ihre Brand-Experience zusehends in die digitale Welt. Verfolgt Davidoff auch einen Digitalisierungsansatz? Wenn ja, wie könnte der aussehen?

Hoejsgaard: Es ist natürlich möglich unsere Marke zu digitalisieren. Wir führen derzeit einen Test in Amerika durch und wollen dort stärker mit unserer jüngeren Zielgruppe kommunizieren. Allerdings muss ich sagen, dass wir mit Zigarren eine ähnliche Herausforderung haben wie beispielsweise Juweliere. Tiffany und Cartier verkaufen natürlich auch online, aber nicht sehr viel. Ich glaube, dass man bei einigen Produkten das Touch & Feel durchleben muss, um gewisse Summen zahlen zu wollen. Zweitens haben wir natürlich Einschränkungen aufgrund der gesetzlichen Regularien. In sehr vielen Ländern können Tabakwaren nicht digital vertrieben werden. Somit entsteht durch die Digitalisierung kein großer neuer Abverkaufskanal für uns – langfristig könnten etwa zehn Prozent Abverkauf Realität werden. Aber ich sehe den digitalen Raum durchaus als Kommunikationsmittel mit Kunden, Medien und Influencern.

TFT: Eine analoge Möglichkeit zur Kundenbindung bietet sich in den Flagship Stores von Davidoff. Welchen Mehrwert bieten sie mir im Vergleich zu meinem Stammhändler?

Hoejsgaard: Sie bekommen dort die ganze Brand-Experience geboten. Früher war das Marketing-Credo „From Product to Brand“, heute ist es  „From Brand to Experience“.  Das gesamte Erlebnis muss stimmig sein. Wir bieten den Kunden in unseren Flagship Stores beispielsweise die Möglichkeit, seine Zigarre unter Gleichgesinnten zu genießen. Außerdem haben wir exklusive Produkte, die es nicht im Fachhandel gibt. Ein dritter wichtiger Punkt ist Pädagogik. Wir merken, dass viele Menschen sich für Zigarren interessieren, aber viel mehr über die Zeremonie des Zigarrengenießens erfahren möchten, bevor sie einen Kauf erwägen.

TFT: Worin besteht Ihrer Meinung nach heutzutage die größte Herausforderung bei der Führung einer Luxusmarke?

Hoejsgaard: Im Vergleich zu, sagen wir vor zehn Jahren, spüre ich deutlich, dass die Definition von Luxus eine ganz andere geworden ist. Marken müssen heute Authentizität, Geschichte und Qualität unter Beweis stellen. Viele Luxusmarken sind mit der Jahrtausendwende gestartet, aber wieder verschwunden. Der Wettbewerb ist hart. Heute wird gefragt: Wie sind die Produktionsbedingungen, wo liegt eure Corporate Responsibility? Das sind Themen, die insbesondere bei der Zielgruppe von Luxusprodukten eine immer wichtigere Rolle spielen. Der Dialog ist heute unumgänglich und nicht mehr top-down. Das erhöhte Informationsbedürfnis mit den gesetzlichen Auflagen in Einklang zu bringen, ist für uns derzeit die größte Herausforderung.

TFT: Sie haben Davidoff erfolgreich als Marke für anspruchsvolle Connoisseurs positioniert. Was ist Ihre Empfehlung für Einsteiger?

Hoejsgaard: Also wir fragen immer: Welchen Geschmack suchst du? Normalerweise sollte man mit Davidoff No. 2 oder No. 2000 anfangen. Es ist wie beim Food und Wine Pairing. Das Geschmackserlebnis muss ganzheitlich betrachtet werden. Ein großer Fehler ist es, mit kurzen Zigarren anzufangen. Denn hier ist die Tabakkonzentration am höchsten. Vor allem Frauen begehen diesen Fehler, weil sie sich zurückhalten wollen. Das ist falsch.

TFT: Geschlechterfrage: Sind Zigarren immer noch Männersache?

Hoejsgaard: Die Frauen sind auf dem Vormarsch. Bei uns machen Frauen neun bis elf Prozent der Kunden aus. Vor noch fünfzehn Jahren hat man selten eine Frau in einem Zigarrenclub gesehen. Ich denke, das hängt auch mit den Weinsommeliers zusammen. Wir sind Sponsor der Hotelfachschule in Lausanne und dort entscheiden sich viele Schülerinnen für eine duale Qualifikation als Wein- und Tabaksommelier. Sie sind Botschafterinnen und bringen den Zigarrengenuss leichter an die Frauen.

TFT: Was ist Ihr präferiertes Setting für Zigarren?

Hoejsgaard: Das ist sehr gelegenheitsabhängig. Nach einem reichhaltigen Essen ist es etwas völlig anderes, als zu einem Champagner im Sommer. Ich liebe beispielsweise unsere Produkte aus Nicaragua. Die sind sehr vollmundig. Zu einem Champagner würde ich eine leichte
Davidoff No. 2 empfehlen. Ich finde es bemerkenswert, dass das größte Wachstum von der männlichen Zielgruppe zwischen 18 und 35 Jahren herrührt, die nie geraucht hat. Aber jetzt wollen sie zu guten Spirituosen und gutem Essen auch noch eine gute Zigarre genießen. Da geht es um das Ritual. Das mag ein bis zweimal im Monat sein, aber es entwickelt sich zum Habitus.

TFT: Hat der Modern Gentleman Kult zum Zigarren-Comeback beigetragen?

Hoejsgaard: Ja, es ist eine neue Art der Männlichkeit, bei der auch Frauen zunehmend mitmachen. Anfang 2000 fing es an mit Cognac und Zigarren. In den letzten zehn Jahren drehte sich alles um Malt Whiskeys. Und jetzt, das finde ich sehr spannend, kommt der Klassiker zurück: Rum. Hier gibt es wirklich eine sehr starke Nachfrage nach passenden Zigarrenbegleitern.

TFT: Was ist Ihre früheste Erinnerung ans Fliegen?

Hoejsgaard: Meine frühesten Erinnerungen reichen zurück bis zum Urlaub mit meinen Eltern in Spanien. Aber die erste große Erinnerung war damals, als ich für Seagram‘s Distillers gearbeitet habe. Mein erster Flug nach New York, wo man in der ersten Klasse immer die Zigarren angeboten bekommen hat. Wow! Heute ist das natürlich nicht mehr vorstellbar. (lacht)

TFT: Wohin reisen Sie geschäftlich am liebsten? Gibt es einen Ort, den Sie Lesern empfehlen wollen?

Hoejsgaard: Ich sage stets: New York ist immer eine Reise wert. Hongkong finde ich sehr inspirierend. Und Paris ist mein europäischer Favorit. In NYC muss man absolut an die Four Seasons Bar gehen. Nicht ins Hotel Four Seasons, sondern in die gleichnamige Bar im Seagram‘s Building an der Park Avenue. Gutes italienisches Essen gibt es im Antonucci in der Upper Eastside / 81. Straße, 3rd Avenue. In Paris, definitiv „Le Comptoir“ im sechsten Arrondissement. Ein tolles altes Bistro. Früher war der Chef ein Zwei-Sterne-Koch, jetzt widmet er sich voll und ganz seinem kleinen Lokal. Zu Hongkong: Ich bin ein großer Liebhaber von Dim Sum. Heute ist Din Tai Fung schon sehr bekannt. Aber es ist nicht teuer und der Koch hat sogar einen Stern für seine Dim Sum erhalten. Das wären meine drei Tipps.

TFT: Vielen Dank, Herr Hoejsgaard.


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