Jasmin Taylor im Interview

Jasmin Taylor floh einst aus dem Iran nach Deutschland. Heute leitet sie einen erfolgreichen Reiseveranstalter: JT Touristik ist spezialisiert auf Ziele in den Vereinigten Arabischen Emiraten und umfasst heute 60 Mitarbeiter. Wie sie das gemacht hat? Das verrät uns die Unternehmerin Jasmin Taylor im Exklusiv-Interview …

TFT: Frau Taylor, Ihr Fokus liegt auf den Vereinigten Arabischen Emiraten: Beeinträchtigt die derzeitige politische Situation Ihr Geschäft?

Jasmin Taylor: Dubai zum Beispiel ist einer der sichersten Orte auf Erden. Die Kriminalitätsrate liegt praktisch bei Null. Es wird religiöse Offenheit praktiziert. Christliche Kirchen stehen nur wenige Häuserblocks neben muslimischen Moscheen, Hindu-Tempeln und jüdischen Synagogen.

Wir spüren in den Buchungen, dass sich Reisezeiträume und -ziele ändern. Die Vereinigten Arabischen Emirate und besonders Dubai oder Abu Dhabi sind absolute Trenddestinationen mit ganzjähriger Sonnengarantie, die schnell zu erreichen sind und absolut Service-orientiert.

Mit gerade einmal 17 Jahren flohen Sie aus dem Iran nach Deutschland – gegen den Willen Ihrer Eltern: Warum?

Ich bin in Teheran aufgewachsen. Während des Iran-Irak-Krieges war ich Schülerin und mein Alltag war durch Bombenalarm und der ständigen Unsicherheit geprägt, ob ich meine Familie abends lebend wiedersehen würde. Aus Angst vor einer weiteren Eskalation des Konflikts, beschloss meine Familie, unsere Heimat zu verlassen und nach Deutschland auszuwandern. Ich war damals 17 Jahre alt und sollte die erste sein, die nach Deutschland geht. Der Rest der Familie wollte mir folgen, so war der Plan. Aber dann erkrankte mein Vater schwer, das Land zu verlassen wurde unmöglich für ihn, meine Familie blieb, wo sie war, und ich stand plötzlich ohne jegliche Sprachkenntnisse in der Fremde alleine da. Doch ich wollte es schaffen, ich entschied mich, nicht nach Hause zurückzukehren, sondern mich vor Ort durchzuschlagen. Wir waren alle traurig, aber meine Eltern hatten Verständnis für mich. Sie haben mich immer ermutigt, meinen eigenen Weg zu gehen. Sie waren auch froh, mich in Sicherheit zu wissen. Allein die Möglichkeit zu haben, morgens aufzustehen und gesund in die Schule gehen zu können, war ein schönes Gefühl, eine Chance. Ich wollte lernen und etwas aus dieser Chance machen. Deutschland war vor allem ein sicheres Land mit guten Bildungsmöglichkeiten, hier konnte ich in Frieden leben und mit Fleiß und Engagement ein neues Leben beginnen.

Was waren Ihre ersten Schritte in Deutschland?

Ich habe einen Deutschkurs für Anfänger gemacht und mich dann für ein Gymnasium beworben. Ich durfte als Gasthörerin am Unterricht teilnehmen, bestand aber die finale Aufnahmeprüfung nicht, ich blieb hartnäckig, lernte, arbeitete und habe vier Jahre später mein Abitur gemacht. Die Zeit dort hat mich sehr geprägt. Das Aneignen von Wissen gab mir Kraft und machte mich glücklich. In den USA habe ich dann Psychologie und Management studiert und mit dem Master in Human Relations die Grundlagen für eine Unternehmensgründung gelegt.

Wann haben Sie sich zur Gründung eines Touristik-Unternehmens entschieden – und warum?

Ich wollte schon immer Unternehmerin werden. Neben meinem Gründergeist galt eine Verbindung zum E-Commerce für mich als Grundvoraussetzung. Als ich 2002 vor der Entscheidung stand, gab es im Grunde nur drei Produkte, die man erfolgreich über das Internet vertreiben konnte: Bücher, CDs und Reisen. Durch meine ausgeprägte Leidenschaft für das Reisen habe mich dann für letzteres entschieden. Aktuell bieten wir bei JT Touristik Last-Minute- und Pauschalreisen, Hotels mit Eigenanreise zu rund 150 Urlaubsdestinationen und 13.000 Hotels weltweit an. JT Touristik ist Experte für Reisen in die Vereinigten Arabischen Emirate, vor allem nach Dubai und Abu Dhabi.

Was ist bei der Gründung wichtiger: Know-How oder Mut?

Ich habe 2002 mit einem Computer und einem Gewerbeschein angefangen. Bevor ich 2009 JT Touristik gründete, betrieb ich ein Online-Reisebüro. Ich denke, der unbedingte Wille und Fleiß sind die tatsächlichen Voraussetzungen, die das nötige Know-how step by step mit sich bringen. Meine Eltern haben mit meiner Erziehung den Grundstein dafür gelegt, dass ich die Kraft und den Mut hatte, an mich selbst zu glauben und meine Träume umzusetzen, das ist für mich eine Grundvoraussetzung, nicht nur für die Gründung eines Unternehmens.

JT Touristik ist heute ein millionenschweres Unternehmen: Wie haben Sie das gemacht?

Wir haben uns anfangs spezialisiert. Wir sind neben 150 weiterer Destinationen Experte für Reisen in die Vereinigten Arabischen Emirate, vor allem nach Dubai und Abu Dhabi. Diese Region ist aus Deutschland mit ca. sechs Stunden Flugzeit relativ schnell zu erreichen, weist Hotels der Spitzenkategorie sowie Gastronomie und Unterhaltungsangebote von Weltklasse-Niveau auf. Ich hatte damals schon gute Kontakte nach Dubai, das zu dieser Zeit noch als Insiderdestination galt. Wer nach Dubai fliegen wollte, kam an JT Touristik nicht vorbei.

Die Reiseindustrie ist sehr wettbewerbsgetrieben. Wir sind mit unserer Strategie immer einen Schritt voraus und passen sie an die Bedürfnisse unserer Kunden an. Das Thema Individualisierung wird die Zukunft der Reisebranche bestimmen. Wir arbeiten bereits intensiv an einem vielversprechenden Konzept.

Wollten Sie schon immer Geld verdienen?

Es war mir vor allem wichtig, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, dafür war ich bereit mit viel Mut, Engagement und Durchsetzungskraft meinen Traum zu verwirklichen. Es ging nicht vornehmlich darum, reich zu werden, ich wollte unabhängig sein und liebte, was ich tat. Ich hatte die richtige Idee zur richtigen Zeit, hier und da ein wenig Glück und habe vor allem viel und hart gearbeitet. Das Geld ist sozusagen das Ergebnis daraus – die Motivation war Freiheit.

Was war der wichtigste Karriereratschlag, den Sie je bekommen haben?

Lass Dich nicht unterkriegen! Es war nicht einfach, sich in einer von Männern dominierten Geschäftswelt als Migrantin durchzusetzen, ich brauchte ein starkes Selbstvertrauen und die Kraft und Begeisterung, mich für meinen Weg einzusetzen.

Was würden Sie anderen Frauen, die mit dem Gedanken spielen zu gründen, mit auf den Weg geben?

Habe keine Angst vor Rückschlägen. Den Mut, meine Träume zu verwirklichen und die Hoffnung, die einen jungen Gründer wachhält, waren dabei stets eine unschätzbare Hilfe für mich, um sich auch bei Fehlschlägen nicht unterkriegen zu lassen. Erfolg ist die Summe vieler, vieler Misserfolge.

Jasmin Taylor in ihrer Villa im Berliner Westen. Hier befindet sich auch der Sitz ihres Unternehmens.

© Westwing

Ihr Büro ist auch in ihrem Wohnhaus, eine wunderschöne Gründerzeit-Villa: Warum?

Mein Bruder hat das „For sale“-Schild am Haus entdeckt und es mir gesagt, weil er wusste, dass ich in der Gegend ein Haus suche. Ich habe mich bei der ersten Besichtigung sofort verliebt.

Mir hat gefallen, dass die Anbindungen für meinen reiseintensiven Alltag sehr praktisch ist. Der Autobahnanschluss ist nah, der Bahnhof nicht weit weg und der Flughafen Tegel gut erreichbar.  Ein großer Vorteil ist zudem, so nah an meinem Unternehmen zu wohnen. Die Büroräume befinden sich in den unteren Stockwerken, so bin ich immer für JT Touristik da, habe aber gleichzeitig die Möglichkeit absolut privat zu sein. Das ist effektiv und zeigt auch meine Einstellung zu meinem Job: Ich lebe JT Touristik.

Sie sind selbst Teil ihrer Marke – würde JT Touristik auch ohne Jasmin Taylor funktionieren?

Langfristig ist es mein Ziel, weniger zu arbeiten und mich getreu meines Credos „Travel as much as you can.“ vermehrt dem Reisen zu widmen. Ich liebe meinen Job und arbeite sehr gern. Für meine Reisevorhaben habe ich ein starkes Team, das in meinem Sinne agiert und dem ich während meiner Abwesenheit voll und ganz vertrauen kann.

Sie haben eine bewegte Geschichte hinter sich: Was treibt Sie an?

Die Liebe zu meiner Arbeit! Ich trenne kaum zwischen Privat- und Berufsleben, die Grenzen verschwimmen stark. Ich bin in der glücklichen Lage meinen Job als die Erfüllung meiner Träume zu empfinden. Ich habe mein Leben so eingerichtet, dass ich mit einem Spitzenteam effektiv und zielorientiert agieren kann, so kann ich mir immer neue Ziele setzen und diese verfolgen.

Wie geht es mit JT Touristik weiter?

Ich möchte für meine hochanspruchsvolle Klientel das Thema Luxus-Reisen weiter ausbauen. Die Welt bietet im High-End-Segment so viele Möglichkeiten, einzigartige Momente zu schaffen, dass ich dahingehend mein Portfolio erweitern möchte.