Jan Henric Buettner Interview

Jan Buettner im Interview: „Ich habe keine Expansionsgelüste“

© PR / Weissenhaus

Er baute einst AOL-Europe auf, betreute einen der weltweit größten Risikofonds, ist Unternehmer, Millionär und seit zwei Jahren Schlossherr: Die Rede ist von Jan Buettner. Der Hamburger, der lange Zeit in Kalifornien lebte, schuf mit dem Weissenhaus Grand Village & Spa eines der luxuriösesten Resorts Deutschlands. Chefredakteurin Friederike Hintze traf Jan Buettner in Weissenhaus auf einen Cappuccino und ein entspanntes Gespräch über Bauchentscheidungen, Denkmalschutz und Crowdinvesting …

TFT: Herr Buettner, welche persönliche Beziehung haben Sie zu Weissenhaus?

Jan Buettner: Ich kenne das Gelände seit meiner Kindheit, wusste allerdings nie, dass es ein zusammenhängendes Dorf war. Dort wo heute das Bootshaus ist, haben wir manchmal Zeit am Strand verbracht. Davon gibt es noch Fotos. Später, nachdem ich mit meiner Familie nach Amerika ausgewandert war, haben wir hier manche Sommer verbracht und im damaligen Erdbeercafé die Familie zusammengeführt. Davon gibt’s noch heute Bilder: Das waren die Jahre 1998 bis 2005. Es wird heute viel geschrieben, dass das Erdbeer-Café mein Lieblingscafé war, aber dem war nicht so. Das wurde damals von der Grafenfamilie von Platen im Garten betrieben: 500 Plastikstühle und 100 Plastiktische, aber eben in einem wunderschönen Schlosspark.

Wie kam es letztendlich zu dem Entschluss, „Schlossherr“ und Hotelbesitzer zu werden?

Im Jahr 2005 besuchte ich meine Eltern. Meine Mutter gab mir einen Artikel, der darüber berichtete, dass das Schloss Weissenhaus zu verkaufen sei. Das erste Mal, dass ich ernsthaft darüber nachdachte war, als ich den Preis hörte: sieben Millionen für das gesamte Gelände. Das war zu einer Zeit, als ich zwar zu Vermögen gekommen war, ich mich aber in einer Art Motivationskrise befand: Geld noch weiter zu vermehren und die Nullen zu zählen, erschien mir sinnlos. Ich hatte keinen Antrieb mehr, drei Prozent des Vermögens von Milliardären weiter zu verdoppeln. In Amerika hatte ich die deutsche „Yes-but“-Mentalität abgelegt und mir die „Why Not?“-Haltung angeeignet. Und so kam es, dass ich mich zum Kauf entschloss.

War das also eine Bauchentscheidung oder hatten Sie durchaus eine Vision vorab?

Es gab keine Vision vorab. Stattdessen traf die Gelegenheit auf die finanzielle Möglichkeit. Es war eine Option, die sich wahrscheinlich nur einmal im Leben ergibt. Für mich fühlte es sich wertvoller an, ein Schloss mitsamt 75 Hektar Land und eigenem Strand an der Ostsee, eine Stunde von meiner Heimatstadt entfernt, zu kaufen, als beispielsweise ein Haus in Santa Barbara für den gleichen Preis. Die eigentliche Kaufentscheidung war jedoch keine Bauchentscheidung. Da habe ich durchaus Experten hinzugezogen und sehr genau über die Investition nachgedacht: Auch darüber, ob ich nun sechs oder sieben Millionen für das Gelände ausgeben soll. Ein Gedanke, der jetzt – im Nachhinein betrachtet – ziemlich überflüssig erscheint. Denn am Ende hat mich alles zusammen genommen 85 Millionen Euro gekostet.

War es von Anfang an der Plan, ein Hotel aus dem Gelände zu machen?

Ganz und gar nicht. Lange wurde das Schloss nur als Party-Location genutzt, der Garten als Café und auch ich dachte, dass ich es genauso machen würde. Nur in schöner. Eine der letzten, die hier noch im Schloss gefeiert hat, war übrigens die Schwester von Claudia Schiffer. Das waren tolle Partys. Aber es kam der Perfektionist in mir durch, also habe ich das Ganze erst einmal auf Vordermann gebracht.

In welchem Zustand befand sich Weissenhaus?

Das Schloss sah zwar ganz hübsch aus, war jedoch marode, das Dach war undicht, die Balken hingen nur von der Decke. Es hatte 40 Jahre lang niemand darin gewohnt. Nach dem Kauf begingen wir das Gelände und hinter Gestrüpp entdeckte ich noch ein weiteres Gebäude, vollkommen zerfallen, dass ich zuvor gar nicht gesehen hatte. Da wurde mir erst das ganze Ausmaß bewusst. Alles musste neu gemacht werden: Abwasser, Zuwasser, Heizung, Glasfaser und so weiter.

Wie lange hat das gedauert?

Erinnern Sie sich an die beiden Winter 2008 und 2009? Das waren die Winter, in denen wir jeweils fast sechs Monate lang meterhohen Schnee hatten. Der August dazwischen war so verregnet, dass die Baustelle nur aus Matsch und Lehm bestand. Dadurch hatten wir 13 Monate kompletten Stillstand. Die Bagger waren eingeschneit. Nichts ging mehr.

Jan Henric Buettner Interview Weissenhaus

© PR / Presse Foto Nord, Olaf Malzahn

Wie kann man da gelassen bleiben?

Da kann man nichts machen. Ich dachte mir: ‚Ok, nutze ich die Chance, um mir weiter zu überlegen, was ich aus dem Gelände mache. ‘ Ich hatte nur die Vorstellung von Resorts, wie man sie in Mexiko oder Amerika findet – ob nun Hotel oder vielleicht sogar Altersresidenz. In der Zeit bin ich in Deutschland unterwegs gewesen, um zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt.

Inwiefern war Schloss Elmau interessant für Sie?

Elmau ist keineswegs Vorbild gewesen, dafür ist Weissenhaus in Gänze zu einzigartig. Ich habe mich aber damals gefragt: Welche Resorts in Deutschland sprechen die Zielgruppe an, die mir vorschwebt? Denn wenn ich schon sage, ich mache keine Kompromisse bei der Qualität, dann mache ich auch keine Kompromisse beim Preis. Und da habe ich Friedrichsruhe, Zur Bleiche, auch Schloss Elmau und ein paar andere Objekte bereist, die genau diese einkommensunabhängige Zielgruppe haben.

Und was war die Erkenntnis?

Ich wusste von Anfang an: Wenn ich ein Hotel eröffne, brauche ich einen sehr guten Spa, denn ich wollte kein Saisongeschäft. Im Sommer Gäste an die Ostsee zu bekommen, ist keine große Kunst. Wichtig war es also, in Weissenhaus auch eine hohe Winterauslastung zu haben.

Ein Zimmer in Weissenhaus kann pro Nacht schon einmal über 1000 Euro kosten. Diese Preise ist man vielleicht von Sylt, nicht aber von der Ostsee gewohnt: Wie schaffen Sie es, dass Sie dennoch ausgebucht sind?

Das Besondere an Weissenhaus ist, dass der Gast die gesamte Landschaft, den Strand und den Park mit bucht. Die Natur ist Teil des Programms. Das lieben die Leute. Man geht 700 Meter zum Bootshaus, man muss zum Frühstück rausgehen, man ist in der Natur. Natürlich gibt es auch Wege und Möglichkeiten, das Hotel nicht zu verlassen: Aus gutem Grund habe ich für eine Million Euro den unterirdischen Gang zum Spa erbauen lassen. Wir machen das möglich. Und auch das schätzen die Gäste. Bei uns bucht man ein Komplettpaket. Die Minibar ist inklusive, die Kinderbetreuung ist inklusive, der Service ist ehrlich. Die Gäste wollen diese Exklusivität. Im internationalen Vergleich aber, für den Schweizer oder den Amerikaner, sind unsere Preise niedlich.

Wie ist die Finanzstruktur ihres Unternehmens?

Meine Motivation war nicht, in ein Geschäft zu gehen, das mir weiteres Geld bringt. Ich wollte mein Vermögen einlegen und so aufbewahren, dass es nicht von der nächsten Finanzkrise wieder umgestoßen wird oder es von einem Fond-Manager abhängig ist, der sich verkalkuliert. Etwa zwei Drittel des Geldes, das hier drinsteckt, ist mein Vermögen. Ich habe weder die Anforderung, das Geld zurückzahlen zu müssen, noch muss es verzinst werden. Ein Drittel des Geldes besteht wiederum aus Fremdkapital und muss normal getilgt und verzinst werden. Die wird in den nächsten Jahren auch aus dem Betrieb heraus verdient. Der Rest ist eine Vermögensanlage.

Sie haben das Immobilien-Projekt Weissenhaus in Teilen über Crowdinvesting finanziert: Warum?

Ich bin kritisch gegenüber Banken und derer Zukunft. Wenn man von 600 Bankern 599 wegnehmen würde, würde das Finanzsystem immer noch funktionieren. Auch wenn unsere jetzige Beziehung zu unserer Bank sehr gut ist, hatten wir uns entschlossen, das Crowdinvesting auf ein neues Level zu heben um zu zeigen, wie das funktioniert.

Und das ist Ihnen gelungen?

Wir haben den Europa-Rekord mit 7,5 Millionen Euro gebrochen. Das ist eine große Zahl. Aber am Ende sind es doch nur neun Prozent der Gesamtsumme, die ich für Weissenhaus investiert habe. Dennoch: Ich hab jetzt schon Anfragen, was wir nach 2019 machen, ob es wieder eine Investitionsrunde gibt und was die Konditionen sind – und wir werden das auch ausweiten und noch mehr Crowdinvesting mit reinnehmen.

Nun ist Weissenhaus etabliert: Wie geht es in der Zukunft weiter?

Unser Anspruch ist es, eines der zehn besten Resorts der Welt zu werden. Daran arbeiten wir. Natürlich vergrößern wir uns. Jetzt beginnt die Neubauplanung: wir bauen einen weiteren Außenpool, damit die Gäste auch ihre Bahnen ziehen können. Ich habe aber keine besonderen Expansionsgelüste. Das heißt, wir haben eine fest definierte Menge an Zimmern und Suiten, die wir nicht überschreiten wollen. Derzeit stehen wir bei 60, mehr als 100 werden es nicht sein. Zusätzlich sind wir in der Planung von Privatapartments, die man kaufen kann. Hotel- und Apartment-Neubau sollten zur Saison 2018 fertig sein. Wir sind bereits in Planung.

Aktuell sind Sie täglich in Weissenhaus, haben hier ihren Wohnsitz und pendeln kaum noch: Was kommt für Sie als Geschäftsmann nun als nächstes?

Was die nächste Lebensphase mit sich bringt, weiß ich nicht. Momentan ist es so, dass ich mich hier sehr wohl fühle. Und ich hoffe sehr, dass ich dem Management hier in Weissenhaus nicht zu sehr auf den Geist gehe. (lacht).

Derzeit befinde ich mich am Ende einer Phase, ich nenne das Mal Konsolidierung: Ich räume noch auf und sortiere. Wenn ich das erledigt habe, dann schaue ich weiter. Mein Plan ist, ab August 2017 für sechs Wochen auf Weltreise zu gehen und währenddessen nur ab und an meine Mail zu checken.

Eine letzte Frage: Kann man Erfolg kalkulieren?

Ja, aber es gibt keine Garantie. Ich glaube J. Paul Getty sagte mal ‚Get up early. Work hard. And: Find oil.’. Aber den Anspruch auf das Öl, also auf den Erfolg – den hat keiner. Das Glück ist mit den Tüchtigen, aber es ist immer hart, man muss immer Krisen durchleben und man braucht immer Durchhaltevermögen. Mit faul im Bett rumliegen wird man nicht reich. 


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