Fahrbericht Porsche Cayenne – Noch mehr Porsche. Auf Kreta kann man prima Urlaub machen. Man kann auf´s Meer schauen, man kann Tintenfische in jeder nur denkbaren Form essen und man kann mit dem Auto herrlich auf´s Land fahren. Wir haben genau das gemacht. Mit dem neuen Cayenne.
Land heisst übersetzt Gelände und meint: Feldwege, Schotterpisten, Geröll-Pfade und was sonst noch so nicht asphaltiert ist. Auf Strassen jeder Art waren wir auch unterwegs. Der Porsche Cayenne soll ja auch ein sehr sportlicher Wagen sein. Auch das haben wir überprüft. Zwei Tage Kreta, drei verschiedene Motoren und die ganze Technik plus Bedienung im Innenraum. Wir hatten gut zu tun.
Fahrbericht Porsche Cayenne – In vielen Disziplinen deutlich verbessert
Wir saßen schon mal auf dem Beifahrersitz. Vor ein paar Wochen. Ein paar Runden im Schnelldurchlauf plus Geländeübungen. Und der Wagen legte einen eindrucksvollen Auftritt hin. Plus die speziell für den Porsche entwickelten Pirellis. P Zero N. Dem Schwaben konnten wir eine eine wirklich beeindruckende Spreizung attestieren. Den Reifen auch. Ob Geröll, Wasser, trockner Asphalt oder Neigungswinkel. Zuffenhausen hat den Cayenne in vielen Disziplinen deutlich verbessert.
Da wäre das Heck. Nun mit dem Leuchtband, ein Feature, das man bald an allen Modellen aus Zuffenhausen wird sehen können. Es gefällt, weil es schlicht ist. Kein Firlefanz, einfach nur eine ästhetische Verbindung zwischen rechts und links, die beiden Rückleuchten rücken optisch zusammen und der Hintern wirkt weit weniger opulent. Man erinnert sich an den ersten Cayenne und seine Wucht, die dem Auge einiges abverlangte.
Zu breit, zu fett, einfach too much. Vergleicht man beide Modelle, wird schnell klar, wohin die Reise geht. Der SUV soll nicht mehr wie ein SUV wirken. Unser Urteil: well done. Die Radläufe werden nicht jeden Geschmack treffen, die schräg abfallende C-Säule verwandelt den neuen Cayenne in eine Art Kombi, wobei diese Bezeichnung eigentlich nicht passt. Nennen wir den Neuen einfach All-Round-Porsche.
Ein paar seiner Fertigkeiten haben wir auf Kreta ausprobiert. Da wäre das Thema Connectivity und Infotainment. Beides gehört zusammen und beides ist für die Grobmotoriker unter den Auto-Fans „Teufels-Zeug“, weil modern, neu, komplex und irgendwie digital und schon deshalb doof. Zum Glück gibt es noch reichlich analoge Autos, auch von Porsche. Gebrauchtwagen oder noch besser Klassiker. Mit Knöpfen, Schaltern und Schiebern zum Drehen, Drücken und Anfassen.
Fahrbericht Porsche Cayenne – Mit an Bord, eine hochmoderne Kommando-Zentrale
Für alle anderen hat Porsche dem neuen Cayenne eine Kommando-Zentrale in die Mittelkonsole gebaut, die es in sich hat. Wir kennen sie aus dem Panamera und wie mögen sie. Die Bedienung ist einfach, umfassend und die Ästhetik ist im positivsten Sinne eindrucksvoll. Aus einem Guss, wie man so schön sagt.
Ganz oben, direkt unter den beiden Lüftungsdüsen, sitzt Mr. Big Screen. 12,3 Zoll groß, man reguliert die Inhalte direkt mit den Fingern per Touch-Funktion, oder man läßt die Fingerkuppen weiter unten über die sensitiven, also ultra-sensiblen Schalter laufen. Fettfinger sterben aus, wir legen das Anti-Fingerspuren-Tuch zur Seite und switchen uns durch die Welt des Cayenne.
iPhone verbinden, Apple CarPlay, mit Schwarmdaten navigieren, was soviel bedeutet wie Nutzung Erfahrungen anderer. Der Schwabe kennt aktuelle Benzinpreise, Hotelinfos, Parkhäuser plus Infos, ob noch ein Plätzchen frei ist und so weiter. Wir nennen das schlau und clever.
Die Qualität der Sprachsteuerung liegt weit über dem Durchschnitt, der Kerl versteht jedes Wort. Es sei denn, drei Typen labern gleichzeitig durcheinander. Nach dem ersten Tag wissen wir, dass dieses System mit Abstand das beste ist, was man im Moment kaufen kann. Es ist schnell, einfach, sauber programmiert und es kann Dinge, die man vor ein paar Monaten noch für Hokuspokus aus dem Start Treck Universum gehalten hätte.
Fahrbericht Porsche Cayenne – Fünf Uhren am Steuer
Neben den drei obligatorischen Uhren vor dem Lenkrad, also Drehzahl, Tempo und Motordaten, sitzen jeweils links und rechts aussen, zwei kleinere Uhren, die frei konfigurierbar sind. Was nicht ganz stimmt, denn jeder hat seine eigene Auswahl an Inhalten. Rechts werden Navidaten, Radio- oder andere Medien-Infos gezeigt. Gesteuert wird die beiden Monitore bequem und schnell über den jeweiligen Roll-Schalter am Lenkrad.
Und wir wollen ja auch wissen, wie sich der neue Cayenne im Gelände und auf festem Grund bewegt. Eine winzige Kostprobe hatten wir schon. Jetzt sind die kleinen Landstrassen auf Kreta fällig. Der Turbo hat 550 PS und 770 Newtonmeter mitgebracht. Der kleine Drehschalter rechts unten am Volant zeigt auf Sport. Gasfüsse mögen solche Worte.
Sport heisst: schnell, stark und dynamisch. Keine vier Sekunden soll der ganz grosse Cayenne bis Tempo 100 brauchen. Anhalten, Stille, Sport+ anlegen. Im Rückspiegel ist nichts zu sehen. Weiter vorn herrscht auch Leere, bis auf den Transporter, der in etwa einem Kilometer um die Ecke biegt und verschwindet. Vollgas. Eins, zwei, drei, vier. 100. Läuft.
Eigentlich muss man die Dynamik, ob nun quer oder längs in einem Porsche nicht wirklich überprüfen. Aber ein etwas höherer Wagen sollte immer vor Wankungen und sonstiger Unruhe geschützt sein. Neu sind die Drei-Kammer-Luftfederung, die Allradlenkung, die Vernetzung aller Fahrwerkkomponenten und deren Sensoren. Die Wankstablilisation arbeitet nun elektromechanisch und damit noch schneller. Einen Dachspoiler gibt es auch, er ist in mehreren Stufen aktiv, er sorgt für mehr Abtrieb und kann auch als Luftbremse arbeiten.
Auf Kreta gilt Limit 90. Wir laufen hinauf auf die Anhöhen, das Meer schaut zu, Speed-Climbing a´ la Porsche. Das heisst, Reifen-Test, Brems-Test, schauen wie die Lenkung arbeitet, Kurz-Beschleunigung, den Seitenhalt der Sitze prüfen, lernen ab wann der Beifahrer nach Sigbags ruft und dann ein Fazit.
Der neue Cayenne kann schnell. Sehr schnell wird es mit dem Turbo, denn er rennt wie einer der Huber-Buam den Berg hinauf. Vor jeder Kehre in die Eisen, die Pirellis greifen zu und dann ist da noch die neue Bremse mit den Porsche Surface Coated Brake. Die Scheiben sind mit Wolframcarbid und anderen Zutaten überzogen. Das soll laut Porsche für noch mehr Standfestigkeit sorgen. Nach rund 15 Kehren, rauf und runter, können wir bestätigen.
Die Dinger sind wirklich gut. Die Lenkung arbeitet präzise, da zuckt nichts, kein Vibrieren, keine Mühe beim Lenken. Porsche hat die Bereifung optimiert. Mischbereifung ist angesagt. Vorn breit, hinten breiter. Das sorgt für noch mehr Stabilität auf dem Geläuf, vor allem in schnellen Kurven sitzt der Cayenne wie angegossen auf der Bahn. Die 286 km/h haben wir nicht überprüft. Das machen wir dann später in Deutschland.
Und nun in die Botanik. Also auf Geröll-Feldwegen, die auch von anderen Autos benutzt werden. Ziegenfarmer rollen hier entlang. Einem sind wir begegnet und sein Blick im Rückspiegel war bemerkenswert. Irgendwas zwischen erschrocken und über SiFi nachdenkend. Nein, Porsche baut keine UFOs, wir sitzen in einem Auto des Jahres 2017. Was kann der Neue aus Zuffenhausen, wenn ihm der Asphalt unter den Reifen ausgeht? Er erhebt sich, wenn man den Finger auf den Schriftzug „Offroad“ legt. Bodenfreiheit ist elementar.
Die Elektronik will dann noch wissen, auf welchem Untergrund man unterwegs ist. Wir melden „Schotter“ und der Schwabe weiß nun, was auf ihn zukommt. Lose Steinchen und damit hier und da Null Traktion für dem ein oder anderen Reifen. Und das heisst, die Power muß dahin wo die Traktion steckt und das blitzschnell. Der Wagen kann das.
Wir spüren hier und da mal ein Ansatz von durchdrehendem Rad, der Wagen läuft trotzdem schnell und sauber über die Piste. Ziegen schauen uns zu und wir winken zurück. Es geht teilweise steil bergauf, es gibt Schrägen, kleine Hügel und sehr enge Kurven, da hilft dann die Hinterradlenkung, die bis 80 km/h in die Kurve lenkt.
Irgendwann geht auch auf Kreta das Licht aus. Die große Lampe hat den ganzen Tag gestrahlt nun ist sie weg. Der Alleskönner aus Zuffenhausen hat zwar gute Lichter unter der Fronthaube, aber die Techniker wollen den Wagen zurück. Waschen (viel Spaß dabei), tanken, Reifen überprüfen und so weiter. Wir denken derweil nach und kombinieren die Gedanken mit Bildern aus dem Kopf.
Der neue Cayenne Turbo ist schnell, sehr schnell. Er sitzt noch satter auf der Strasse als seine Vorgänger. Näher am 911 sagt Porsche. Wir stimmen zu und ergänzen, dass der 911 im Gelände seine Grenzen sehr schnell erreicht, dass der 911 eigentlich nur zwei Erwachsene mitnehmen kann und dass der Cayenne auch 3,5 Tonnen ziehen kann. Plus 1.700 Liter Gepäck, maximal.
Was also kann der Neue besser, als sein Vorgänger und was kann er besser, als seine Kollegen anderer Hersteller? Er kann die Porsche-Nummer besser, als jeder andere. Er ist modern, er sieht gut aus. Man sitzt gerne in ihm und man biegt auch mal nach links oder rechts ab. Einfach weil´s gerade passt. In Deutschland ist das schwierig. Gelände und Auto geht eigentlich nur, wenn man einen Steinbruch besitzt oder einen kennt, der einen besitzt und dann muß man den auch mal ne Runde fahren lassen.
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Fotos: Ralf Bernert / Porsche
Auf einen Blick:
550 PS und 770 Newtonmeter Drehmoment
V8 BiTurbo-Motor
in 3,9 Sekunden nun 0 auf 100 km/h
Preis in Deutschland ab: 138.850,00 Euro