100 Jahre BMW

100 Jahre BMW: Höhenrausch und Tiefschläge

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2016 feiert BMW 100 Jahre Unternehmensgeschichte. Anders als beim Erzrivalen Mercedes, der seit jeher Autos fertigt, waren Flugmotoren lange Zeit der Geldbringer. Dann kam die große Nachkriegskrise. Heute reicht das Geld wieder für neue Abenteuer: Elektromobilität und autonomes Fahren….

Viele Autobauer waren nicht immer schon Autobauer: Bei Suzuki war das Kernprodukt der ersten Stunde der Webstuhl, Opel startete mit Nähmaschinen, und Peugeot fertigte einst ausschließlich Kaffee- und Pfeffermühlen. Auch BMW, seit jeher Spezialist auf dem Gebiet des Motorenbaus, kam einmal mit Haushaltsgeräten in Berührung: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in einer Notproduktion Kochtöpfe gefertigt. Die US-Militärregierung hatte zu Reparationszwecken die Demontage der BMW-Werke München und Allach veranlasst, bis Kriegsende war der Flugmotorenbau für BMW das wichtigste Geschäftsfeld gewesen. 1945 begann die provisorische Fertigung von Haushaltsgeräten in den Werken Berlin und Milbertshofen, um das Unternehmen über Wasser zu halten.

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100 Jahre BMW: Es begann mit einem Weltrekord

Kriegswirtschaft und Kochtöpfe sind Kapitel der Unternehmensgeschichte, die BMW im Jahr seines 100. Jubiläums nicht freiwillig nacherzählt. Viel lieber widmet man sich dem Anfang des Münchner Autoherstellers. Begonnen hatte die Geschichte nämlich mit einem Weltrekord. Besser gesagt: einem Höhenflugrekord. Im Juni 1919 startete der Pilot Franz Zeno Diemer mit einem Doppeldeckerflugzeug vom Münchner Flugplatz Oberwiesenfeld und kam anderthalb Stunden später auf 9.760 Meter Höhe an – so weit oben, wie vor ihm noch niemand.

Zu verdanken war der Husarenritt den Fertigkeiten Diemers, aber auch einem Motor der Bayerischen Motoren Werke mit Höhenvergaser. Der Rekord wurde nie offiziell bestätigt – aber er trug den Namen BMW in die Welt hinaus. 1923 folgte das erste Motorrad, 1929 das erste Auto, der Dixi 3/15, noch ein Lizenzbau des Austin Seven. Drei Jahre später stemmte BMW die erste automobile Eigenentwicklung der Marke, den BMW 3/20, bei dem man sich aber noch am dank des Vorgängermodells gewonnen Know-how bediente.

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100 Jahre BMW: Höhen und Tiefen

Das eigentliche Geburtsjahr von BMW datiert der Konzern heute auf das Jahr 1916, als die Bayerische Flugzeugwerke AG gegründet wurde, die 1922 mit den Bayerischen Motoren Werken zusammengeschlossen wurde, die seit 1917 bestanden. BMW ging in seiner hundertjährigen Geschichte wortwörtlich durch Höhen, aber auch Tiefen. Bevor die Industriellenfamilie Quandt zu Beginn der Sechzigerjahre bei BMW einstieg und staatliche Hilfsgelder flossen, drohte zwischenzeitlich sogar die Übernahme durch Daimler-Benz, ein Sanierungsplan lag schon ausgearbeitet in der Schublade. Kein noch so schöner Wagen, wie etwa der Roadster 507 oder der 501, kein noch so beliebter Kleinstwagen, wie die „Knutschkugel“ genannte Isetta, und auch kein Sensationssieg beim Autorennklassiker Mille Miglia im Jahre 1940 konnte BMW auf den grünen Zweig bringen. Es half alles nichts: 1956 wies die Bilanz ein Defizit von über sechs Millionen Mark aus.

BMW und die „Neue Klasse“

Der Befreiungsschlag kam mit dem ersten Modell der sogenannten „Neuen Klasse“. Auf der IAA präsentierte BMW den 1500 als ersten Vertreter der neuen Modellfamilie. Das Mittelklasseauto begeisterte Messepublikum und Kundschaft gleichermaßen, die Zahl der Bestellungen übertraf die Produktionskapazitäten innerhalb kürzester Zeit. Einen milliardenschweren Flop und finanziellen Tiefschlag brachte die Übernahme der am Boden liegenden britischen Marke Rover, von der man sich just in dem Jahr trennte, als der X5 erschien (1999). Das Modell läutete bei BMW das gewinnbringende Zeitalter der Sport Utility Vehicle, kurz SUV, ein. Bis heute sind die hochbeinigen Autos der Fahrzeugklasse die Goldesel – in der ganzen Branche.

Schon zu Olympia 1972 fuhr BMW elektrisch

Nicht zuletzt der Erfolg der Pseudogeländewagen ermöglichte es dem Konzern, sich in das Abenteuer Elektromobilität zu stürzen und die Submarke „i“ zu gründen. Schon bei den Olympischen Spielen 1972 in München hatte BMW in Sachen Elektromobilität auf sich aufmerksam gemacht, als man einen zum Stromer umgebauten 1602 als Begleitfahrzeug bei den Marathonwettbewerben einsetzte. Das Konzeptfahrzeug hatte eine Reichweite von 30 bis 60 Kilometern und fuhr maximal 100 Kilometer in der Stunde. Als erstes Auto mit E-Motor für den Massenmarkt debütierte 2013 der Kompaktstromer i3 mit einer Reichweite von etwa 150 Kilometern. Doch obwohl die Unternehmenschefs von Daimler bis General Motors in Batteriefahrzeugen die Zukunft sehen, lässt der Erfolg der Stromer bislang auf sich warten, bei BMW und anderen Marken. Der Absatz ist schleppend.

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100 Jahre BMW: Die Zukunft bleibt spannend

Heute richten die BMW Konzernlenker um den seit Mai 2015 amtierenden BMW-Chef Harald Krüger den Blick weiter in die Zukunft. Und die bleibt spannend: Zum Stichtag am 7. März 2016 – der erste Handelsregistereintrag datiert vom 7. März 1916 – enthüllte man das Konzeptfahrzeug „Vision Next 100“, das versucht, den Widerspruch zwischen dem Markencredo „Freude am Fahren“ und dem Megatrend des autonomen Fahrens aufzulösen. Derzeit ist das Vorzeigemobil mit dem versenkbaren Lenkrad und der variablen Außenhaut auf Welttournee.

Allerdings: Zwar zeigte die Studie „Vision Next 100“ spacige Bedienkonzepte, eine Windschutzscheibe, die ganzflächig als Display genutzt werden kann, die Option auf autonomes Fahren und ein futuristisches Äußeres, doch zu einer Sache verlor BMW-Chef Harald Krüger kein Wort: zum Antrieb.


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