Juwelier Wilm Mark Andreas Wilm

Juwelier Wilm: Interview mit Mark-Andreas Wilm

© PR / Juwelier Wilm

Seit 1767 fertigt die Familie Wilm feinste Preziosen – das hanseatische Familienunternehmen, das Dependancen in Hamburg und auf Sylt hat, ist mittlerweile in siebter Generation. Im Gespräch mit THE FREQUENT TRAVELLER spricht Juwelier, Goldschmied und Geschäftsführer Mark-Andreas Wilm über die Herausforderungen innerhalb eines Familiengeschäfts, Traditionen und Trends…

TFT: Herr Wilm, welche Edelstein-Farbe funkelt am schönsten?
Mark-Andreas Wilm: Mein persönlicher Favorit ist der Paraiba Turmalin. Wer diese Steine einmal gesehen hat, wird sie nie wieder vergessen. Sie leuchten in solch lebhaften Farben, das ist unglaublich faszinierend und weltweit einzigartig. Oder sehen Sie sich einmal Standard-Saphire bei Kerzenschein an, die meisten sind viel zu dunkel und ohne Brillanz. Ein Burma Saphir dagegen strahlt auch bei dezentem Licht in einem royalen Blauton.

 

Das klingt so, als wäre Ihr Beruf Ihre Leidenschaft – dabei wollten Sie früher Atomphysiker werden. Wie kam es zu dem Entschluss, ins Familiengeschäft einzusteigen?

Schon als Jugendlicher half ich meinem Vater gerne bei der Inventur. Mit 14 Jahren entwickelte ich dann ein großes Interesse an Edelsteinen. Ich war fasziniert von dieser Farbenvielfalt. Für mich war klar, dass ich eine Ausbildung zum Goldschmied machen würde. Anschließend absolvierte ich eine Weiterbildung zum Gemmologen, zum Experten für Edelsteine, und machte mich mit einem eigenen Geschäft auf Sylt selbständig. Das war wie ein Traum, der wahr wurde. 

 

Leider ging Ihr Leben nicht so märchenhaft weiter …

Das stimmt. Als ich mich 1989 selbständig machte, platzte gleich ein Kredit. Kurze Zeit darauf wurde mein Geschäft überfallen.

 

War es schwierig, an diesem Punkt nicht aufzugeben?

Mein Wille, diese harte Zeit als selbständiger Unternehmer durchstehen zu wollen, war mein Antrieb. Genau so wie die Verantwortung für meine Mitarbeiter. Mir persönlich half der zuverlässige Rückhalt durch meine Familie und Freunde sehr.

 

Goldschmied ist ein traditioneller Beruf: Wie kann er in modernen Zeiten überleben?

Der Goldschmiede-Beruf erfindet sich regelmäßig neu. Heute können unsere Kunden durch modernste CAD Technik kreativ mitwirken. So ist es meinem Team und mir möglich, realistische Bildentwürfe von Schmuckstücken zu entwerfen. In allen Stadien der Entwicklung sieht der Kunde seinen Entwurf fotorealistisch und aus allen Perspektiven. Dieser Prozess macht viel Spaß, und wenn die gemeinsame Entwicklung eines neuen Schmuckstücks beendet ist und das Ok des Kunden vorliegt, beginnen unsere Goldschmiede mit der Umsetzung. Ein riesiger Fortschritt, wenn man bedenkt, dass früher unzählige Zeichnungen von Hand angefertigt werden mussten.

 

Was kann diese Technik noch?

Durch die Präzisions-Lasertechnik sind wir außerdem in der Lage, Schmuck zu kreieren, umzuarbeiten und zu reparieren, was ohne diese Technologie nur sehr aufwändig oder gar nicht möglich wäre. Wir können durch den Laser-Einsatz Schmuck ganz gezielt bearbeiten. Das ist besonders materialschonend und sichert den Erhalt und die Unversehrtheit der Edelsteine.

 

Wie hält Ihr Familienunternehmen die Balance zwischen Tradition und Moderne?

Für uns ist Tradition mehr als ein Wort. Sie bedeutet, die in den 250 Jahren Firmengeschichte gewachsenen Kontakte zu den Kundenfamilien zu halten und neue aufzubauen. Unser Geschäft ist sehr persönlich und basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Die Umsetzung neuer Techniken ist für uns genau so wichtig. Besonders willkommen sind uns neue Ideen, auch von Seiten unserer Kunden, die uns immer wieder in unserer Kreativität anspornen.

 

Das heißt, Ihre Kunden können selbst mit kreieren?

Unbedingt. Für unsere eigene Kollektion mit dem unverwechselbaren Wilm-Stil sind die Ideen aller gefragt. Unter der Führung unserer Goldschmiede, die das handwerkliche und fachliche Know-how mitbringen und die notwendige Kreativität mitbringen, werden die Wünsche unserer Kunden umgesetzt. Wir arbeiten neben allen gängigen Edelmetallen auch mit Holz, Leder, Karbon oder farbbeschichtetem Hardox-Stahl.

 

Wie kann sich Juwelier Wilm gegen internationale Konkurrenten durchsetzen?

Wir sehen die heutige Flexibilität und Reiselust unserer Kunden als Vorteil. Hamburg verzeichnet seit Jahren einen Zuwachs an Touristen, allein im letzten Jahr registrierte die Stadt 13,3 Millionen Übernachtungen. Dazu kommen die zahlreichen Kreuzfahrer, die unsere schöne Stadt besuchen. Davon profitieren auch wir.
Sie reisen selbst um die Welt, um die schönsten Edelsteine aufzutun: Warum machen Sie es sich nicht leicht und arbeiten mit Lieferanten in Deutschland?

Meine Neugierde und Leidenschaft für Edelsteine treibt mich regelmäßig zu den verschiedenen Edelstein-Fundorten der Erde. Außerdem liebe ich den Kontakt zu Menschen und pflege die Beziehungen zu langjährigen Lieferanten, die oft auch Minen-Besitzer sind, sehr gerne. Wer kann sonst schon aus der Vielzahl von Edelsteinen direkt am Fundort wählen? Diese Auswahl kann kaum ein Lieferant bieten und die Atmosphäre direkt vor Ort ist eine ganz besondere. So sind wir in der Lage, unseren Kunden eine ausgezeichnete Qualität besonderer Farbedelsteine zu liefern, die es nicht überall gibt – genau diese Exklusivität und Vielfalt verdienen sie.

 

Ist Exklusivität etwas, das die Hanseaten schätzen?

Der Hanseat ist sehr qualitätsbewusst und nach außen bescheiden. Das spiegelt sich auch im Schmuck wider. Er kauft nicht unbedingt einen 10-Karäter. Er bevorzugt kleinere, aber feine Farbedelsteine von exzellenter Qualität. Außerdem hängen Hanseaten an Familien-Erbstücken, die in unserer Werkstatt immer wieder neu abgestimmt, modernisiert und gepflegt werden und dann über viele Generationen in den Familien bleiben.

 

Welche Farben liegen gerade im Trend?
Zurzeit sind Farbedelsteine in hellgrünen, pink und fliederfarbenen Tönen gefragt und wir haben schöne Unikat-Schmuckstücke in diesen Trendtönen vorrätig, sind also für diese Saison gut aufgestellt. Und wir haben noch viel vor.

 

Spielen Sie auf etwas ganz Bestimmtes an?

Zurzeit bereiten wir das 250-jährige Wilm-Jubiläum im letzten Quartal diesen Jahres vor. Unsere Kunden und Freunde des Hauses dürfen sich auf einige Überraschungen freuen. Wir arbeiten an der Jubiläumskollektion und der mir ans Herz gewachsende Paraiba Turmalin wird selbstverständlich eine Rolle darin spielen.


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