Das Vila Vita Hotel Rosenpark ist nur kleiner Teil des Gastronomie-Imperiums der Pohl-Gruppe in Marburg. Unser Autor Christian Euler hat sich auf Spurensuche begeben.
Der Name Pohl ist in Marburg fast allgegenwärtig. Reinfried Pohl, der 2014 gestorbene Gründer der Deutschen Vermögensberatung DVAG, hat seine Heimatstadt seit Beginn des neuen Jahrtausends geprägt wie kein anderer. 1975 gründete er die DVAG in der Stadt, die berühmt ist für ihre Universität, an der schon die Brüder Grimm studierten. Mit einem Teil seines milliardenschweren Vermögens machte Pohl die Marburger Gastronomie weit über die hessischen Landesgrenzen hinaus bekannt. Kernstück ist das im Jahr 2000 eröffnete Hotel Vila Vita Rosenpark in der – wie könnte es anders sein – Anneliese Pohl Allee. Direkt an der Lahn liegt es wenige Gehminuten entfernt von der historischen Altstadt. Nach einer einjährigen Sanierungsphase öffnete es im Mai in neuem Glanz seine Pforten. Die Frischzellenkur hat das Hotel mit seinen 194 Zimmern zum Vorzeigehaus in Marburg gemacht. Moderne Linien in den modifizierten Zimmern und Suiten mit ihren neuen Bädern und Böden und die komplette Überarbeitung des Wellness-Bereichs lassen das zuvor etwas angestaubte Auftreten vergessen. Ein Blickfang ist der Lobbybereich mit seinem mächtigen Kronleuchter aus Murano-Glas.
Vila Vita Rosenpark: hausgemachte Pasta-Spezialitäten
Einer Klassifizierung möchte sich Geschäftsführer Simon Hunger mit dem einstigen Fünfsternehaus nicht unterwerfen. „Mit dem Verzicht möchten wir vor allem den Geschäftsreisenden entgegenkommen, die aufgrund von Regelungen keine Fünf-Sterne-Häuser mehr buchen dürfen“‚ meint Hunger und gibt sich selbstbewusst: „Wir werden alle unsere Gäste auch ohne Sterne glücklich machen.“ Während das Restaurant „Zirbelstube“ mit seiner regionalen und bodenständigen Küche unangetastet blieb, mutierte das ehemalige Restaurant „Rosenkavalier“ zum neu renovierten „Rosenpark Restaurant“‚ das mit seiner ungezwungenen Atmosphäre punktet. Kulinarisch hat sich dort einiges getan. Küchenchef Eric Lehr und sein Stellevertreter Felix Riehl richten ihre Küche mediterran aus und verwöhnen ihre Gäste mit hausgemachter Pasta und Pizza aus dem Mibrasa-Holzkohleofen.
Ein Genuss der außergewöhnlichen Art ist auch das in Dry Aged-Schränken trocken abgehangene und in dem geschlossenen Ofen sehr schonend gegarte Fleisch. „Auch Vegetarier und Fisch-Gourmets kommen im „Rosenpark Restaurant“ auf ihre Kosten“ bricht Chef de Cuisine Eric Lehr eine Lanze für Nicht-Karnivoren, „denn wir grillen auch unser Gemüse und unseren frischen Fisch mit dem Holzkohleofen.“ Der gebürtige Marburger kocht seit vier Jahren für das Vila Vita-Hotel, zuvor war Sous-Chef und Chef-Pâtissier im Relais & Châteaux Hotel „Sonne Frankenberg.“ Dass der Sieger der Roussillon Dessert Trophy die Zubereitung erstklassiger Desserts beherrscht, zeigen Kreationen wie das sizilianische Limoncello Gelee mit Ricottasorbet und Kaffee Granita oder die Pina Colada mit warmer Ananas aus dem Holzkohlegrill und Kokosnuss-Sorbet. Den Abend ausklingen lassen sollte man vorzugsweise in der „Rosenpark Bar“, wo Barchef Stefan Hartmann kunstvolle Cocktails wie „White Basil“ aus Vodka, Maracujasaft, Basilikum und weißer Schokolade mixt.
Gehobene Küche mit Blick über die Stadt
Zum Pohl-Imperium, das seit dem Tod des Patriarchen unter der Geschäftsführung von Andreas Pohl steht, gehören unter anderem das Vila Vita Parc Hotel mit Zweisterne-Restaurant an der Algarve, das Weingut „Herdade dos Grous“ im portugiesischen Alentejo, eine Pferde- und Rinderzucht und ein Hotel mecklenburgischen Plauer See. Insgesamt verfügt die Gruppe über 651 Zimmer für maximal knapp 1.590 Gäste, um die sich 960 Mitarbeiter kümmern. Alleine in Marburg zählen das Feinkostgeschäft Vita Essentials, das Restaurant und Biergarten Bückingsgarten, das Waldschlösschen und die historische Event-Scheune in Dagobertshausen hinzu. Doch der Reihe nach: Hoch über der Stadt thront am Fuße des Landgrafenschlosses der Bückingsgarten mit herrlichem Blick über die Hügel des Oberhessischen Berglandes. Die Gäste haben die Wahl zwischen gehobener Gastronomie oder dem rustikalen Angebot des Biergartens. Im Restaurant Küchenchef setzt Leo Sauer auf eine „moderne, zeitgemäße Küche, die über bürgerlich-regionale Ansätze hinausgeht.“
Sein Stil spiegelt sich in ebenso fein balancierten wie geschmacklich überzeugenden Gerichten wie hausgemachter Ravioli „Bloody Mary Style“ mit gelierter Tomatenessenz, Hummus und Chimichurri oder Redsnapper-Filet mit gebratenem Pulpo, Chorizo, gebackener Paella und Venusmuschelsud wider. Wer Fleisch bevorzugt, wird im breiten Angebot von Otto Gourmet fündig. Als ganz besondere Versuchung hat sich das 21 Tage lang gereifte irische Hereford-Filet herausgestellt. Auch im Herbst sind die Eiskreationen von Mauro Mandarino in der „Aroma Bistro & Eisbar“ an der Lahn ein Muss. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert steht der leidenschaftliche Affineur kalter Versuchungen in seinem Eislabor. An heißen Tagen stellt er rund 600 Kilogramm Eiscreme her. Die Kreativität des sympathischen Italieners kennt keine Grenzen: Mehr als 170 Eissorten hat er bereits entwickelt, darunter Schwarzes Eis, dem er mit Aktivkohle seine Farbe verleiht oder Schwarze Vanille mit Pflanzenkohle. Exzellent ist auch das gesalzene Erdnusseis. Wer sich Mauro durchprobiert, weiß, warum das Feinschmecker Magazin seine Eisbar zu den Top 40 Eisdielen Deutschlands zählt.
Rhöner Roastbeef im Waldschlösschen
Weiter geht die „Tour de Pohl“ ins zehn Autominuten von Marburg entfernte Dagobertshausen – ein Ort der nicht jedem Feinschmecker auf Anhieb als Hot-Spot der Hochkulinarik einfallen dürfte. Zu Unrecht, denn Küchenchef Roland Reuss kocht hier auf sehr hohem Niveau. „Im Restaurant Waldschlösschen bieten wir unseren Gästen ehrliches Essen an“‚ bringt der Kräuterliebhaber seine Philosophie auf den Punkt „hier stehen die Produkte im Vordergrund.“ Im Kräutergarten wachsen Rucola, Minze und Estragon, aber auch Tomaten unterschiedlicher Couleur und Paprikaschoten.
Saisonal gibt es zur Vorspeise einen herbstlichen Salat mit eingewecktem Dagobertshäuser-Muskatkürbis, Kürbiskernen und Öl oder auch gepickelte Rote Bete mit Feldsalat, Kernöl und Ziegenkäse. Zu den Zwischengängen zählt ein raffiniertes Gemündener Entenravioli mit grünem Speck und kandierten Orangen, währen unter den Hauptgängen das scharf angebratene Rhöner Roastbeef mit geröstetem Wurzelgemüse, Schmand und Kerbel-Vinaigrette auffiel. Den Abschluss bildet ein Vanille-Mascarpone mit Milcheis und Honig. Das Interieur im Waldschlösschen ist eine gelungene Melange aus historischen und modernen Elementen. An der Wand hängen kupferfarbene Töpfe und Pfannen, durch eine Glaswand kann man dem Küchenteam bei der Arbeit zuschauen. Wer selbst kochen will, kann sich bei Roland zum Kochseminar im Kitchen Club anmelden.
Text: Christian Euler
Fotos: Vila Vita Marburg, Christian Euler