NFC Chips

NFC-Chips: Reisen geht unter die Haut

© Illustration Adrian vom Baur

Eine Handbewegung genügt und schon passiert man Kontrollen oder Grenzen. Personalausweise und Smartphones werden überflüssig. Klingt wie Zukunftsmusik? Ist aber Realität. Dank spezieller NFC-Chips, die unter der Haut implantiert werden können. Was früher nur in Scifi-Blockbustern möglich war, ist heute Wirklichkeit: Die Idee vom gechippten Menschen kann besonders Vielfliegern von Nutzen sein. Doch ist diese Vorstellung zum Fürchten oder zum Träumen?

Nur ein Stich. Viel mehr Aufwand bedarf es nicht, um sich den reiskorngroßen glasummantelten NFC-Chip implantieren zu lassen. Ein kurzer Schmerz, wie bei einem Bienenstich. Blut abnehmen ist unangenehmer. Aus gutem Grund haben sich weltweit bereits über 10.000 Menschen den kleinen Datenträger mit 888 Byte Speicherplatz in die Hand, genauer gesagt in die weiche Stelle zwischen Daumen und Zeigefinger, einsetzen lassen. Denn hier ist der Chip besonders geschützt und rundum einsetzbar. Alle relevanten Informationen, Name, Passnummer oder Sitzplatz lassen sich darauf speichern – und zwar bequem über das Smartphone. Das funktioniert dank Near Field Communication, also der Kommunikation zwischen zwei Geräten, die sich nah beieinander befinden. Weder eine Internet- noch eine Bluetooth-Verbindung sind dazu nötig.

Near Field Communication: Alles andere als neu

Dabei ist die Technologie alles andere als neu: In die meisten Smartphones sind bereits sowohl NFC-Chips als auch NFC-Leser integriert – nur sieht man sie nicht. Reisende nutzen bereits ganz unbewusst NFC-Chips immer dann, wenn sie ihre elektronische Bordkarte beim Einstieg auf den Leser legen. Selbst manche Banken statten ihre Geldkarten seit einigen Jahren mit NFC-Funktion aus, um das bargeldlose Bezahlen noch bequemer zu gestalten. Near Field Communication ist also weiter verbreitet als man zunächst annehmen mag.

NFC Chips: Geduld und Verrenkung

Implantierte Chips bringen die NFC-Technologie jedoch auf ein neues Level. Die Datenträger funktionieren vollständig ohne Batterie. Erst wenn Sie nur noch wenige Zentimeter von einem NFC-Lesegerät entfernt sind, wird der Chip aktiv. Daraufhin baut sich ein Magnetfeld auf, sodass gerade genug Energie produziert wird, damit die auf dem Chip enthaltenen Daten ausgelesen werden können.

In der Theorie bedeutet das: Es bedarf nur eines „Handwedlers“ über den NFC-Scanner, um zu boarden. Die Realität sieht bisher anders aus. Denn die meisten Lesegeräte an Flughäfen sind (noch) darauf ausgelegt, Smartphones oder Codes der gedruckten Bordkarte zu lesen – und entsprechend sind sie designt. Das Auflegen der Hand ist daher noch recht umständlich, erfordert etwas Geduld und manche Verrenkung.

Der gesetzeslose Chip?

Wer dem Chip-Träger zu nahekommt, kann relativ leicht private Daten ausspähen – vorausgesetzt, er besitzt ein NFC-Lesegerät. Die meisten Smartphones dienen als solches und sind dafür einsatzfähig. Genügt dann nur noch ein Handschlag, um die Daten des Gegenübers zu stehlen? Nicht ganz. Das Smartphone müsste direkt auf die Haut gelegt werden, damit das Magnetfeld stark genug ist. Dennoch darf aus datenschutzrechtlicher Sicht die Diskussion um Spionage bei den NFC-Chips nicht ausgeblendet werden.

NFC-Chips sind gesundheitlich unbedenklich

Aus gesundheitlicher Sicht sind die Chips hingegen unbedenklich: Das kleine Speichermedium ist mit hochpoliertem Glas umhüllt, sodass es nicht mit der umliegenden Haut- und Muskelschicht verwachsen kann. Das Magnetfeld, das wiederum zwischen Chip und Lesegerät erzeugt wird, hat alle bisherigen Tests bestanden und kann ohne Bedenken nahe am Menschen sein, ohne ihm zu schaden. Selbstständig kann man sich von dem Chip jedoch nicht befreien. Nur mithilfe eines Skalpells kann der kleine Datenträger wieder entfernt werden.

NFC-Chips: Gerade einmal 140 Euro kostet die Technologie

30 Jahre lang soll das kleine Speichermedium einwandfrei funktionieren. Nur bei Computertomografien kann der NFC-Chip überhitzen und außer Gefecht gesetzt werden. Jeder, der mag, kann sich den Datenträger unter die Haut schießen lassen. Auf vielen Technikmessen und sogar in Piercing- und Tattoostudios wird der Service angeboten. Kostenpunkt inklusive Implantat: etwa 140 Euro.

Daten-Chip unter der Haut: Das ist erst der Anfang …

Allerdings: Noch besitzen nicht alle Flughafen NFC-Lesegeräte. Aus Sicht des Vielreisenden ist der Vorteil des Chips gegenüber der elektronischen oder der gedruckten Bordkarte nur, dass man den implantierten Datenträger nicht verlieren kann. Doch die Zukunft ist nah und selbstverständlich forschen bereits jede Menge Technologieunternehmen wie die schwedische Firma BioNyfiken daran, die Chips noch intelligenter zu machen: Zum Beispiel, indem Urlauber über NFC-Chips Hilfe bei Sprachproblemen in Echtzeit bekommen – also eine Echtzeitübersetzung von allem, was die Urlauber gerade sehen und hören. Da bekommt der Ausdruck „barrierefreies Reisen“ eine ganz neue Bedeutung.


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