
Die einen lieben sie, die anderen hassen sie – bei Outdoor-Mode scheiden sich die Geister. Pragmatiker schätzen die schlichte Eleganz, Modeverfechter kritisieren die Einfallslosigkeit. Doch wer hätte gedacht, dass die Skeptiker langsam das Feld räumen oder sogar selbst zum Windbreaker greifen? Längst breitet sich der naturverbundene Trend in Europas Innenstädten aus. Grund genug, Outdoor-Mode genauer unter die Lupe zu nehmen.
Outdoor-Mode und Nachhaltigkeit – passt das zusammen?
Beim Thema Umweltschutz reden sich die Kritiker in Rage: Outdoorbekleidung sei Gift für die Umwelt. Ein Funken Wahrheit steckt definitiv dahinter. Eine Multifunktionsjacke beansprucht einfach mehr Ressourcen als die gute alte Stoffjacke. Gerade beliebte Zusätze wie Daunen, Pelz und Leder nehmen bekennende Outdoor-Gegner in die Mangel.
Doch, wer gerne nachhaltig reisen und leben möchte, dem sei gesagt: Windbreaker & Co. müssen keine Chemiebomben sein. Unter die Umweltsünder mischen sich auch ein paar nachhaltige Labels. Hessnatur ist eines davon. Für wetterfeste City Jacken und Kleidung im Allgemeinen setzen die Designer auf Umweltbewusstsein. Bio statt Chemie lautet ihr Markenkonzept. So ist die Outdoor-Kleidung bewusst Mikro-Plastik und PFC frei. Gleichzeitig bemüht sich das Natur -Label um faire Mode. Mit dem Fairtrade Siegel setzt sie ein Zeichen gegen Ausbeutung.
Outdoor-Mode in der City – weil draußen überall ist
Das Verständnis von Outdoor-Mode hat sich gewandelt. Früher galt sie als Synonym für den einsamen langhaarigen Bergsteiger, der sich nur mit einem Rucksack bepackt auf den Weg zum Himalaya macht. Heute ist Outdoor-Mode hippe Funktionswear für den sportlichen Städter.
Schon 2011 zeichnete sich der Trend ab. Auf der Fachmesse Outdoor in Friedrichshafen bestätigte Marketing-Experte Carsten Schürg: „Seit Jahren steigt die Nachfrage nach Urban-Outdoor. Aus Natur-Mode ist Stadt-Mode geworden.“
Warum? Die Funktionskleidung macht nicht nur auf steilen Klippen, reißenden Flüssen oder steinigen Wanderwagen eine solide Figur. Auch im Alltag erweist sie uns treue Dienste. Dank ihr müssen wir auch dem Weg zur Arbeit nicht mehr auf das Fahrrad verzichten. Zuverlässig hält uns die wasserabweisende Membran der Multifunktionsjacke unsere natürlichen Feinde, Regen, Wind und Schnee, vom Leib. Im Büro angekommen merken uns die Kollegen den schweißtreibenden Ritt gar nicht an. Unangenehme Gerüche gehen in der raffinierten Kleidung förmlich unter – Glück für uns, Glück für die anderen. Selbst an heißen Sommertagen ist Outdoor-Mode unser bester Freund. UV-Licht hat bei dieser Mode keine Chance.
So viel Finesse bleibt natürlich auch dem Geschäftsmann nicht verborgen. Liebend gern tauscht er den schicken Wollmantel durch die lässige Funktionsjacke aus. Und warum keine bequemen Laufschuhe zur Anzughose? Marketing-Profi Carsten Schürg hat den neuen Business-Outdoor-Trend schon mit eigenen Augen erlebt.
Eines steht fest: Wir nehmen Outdoor-Mode immer wörtlicher. Outdoor-Kleidung bedeutet für uns längst nicht mehr nur Wandern, Bergsteigen oder Mountainbiken. Es bedeutet für uns draußen. Und draußen ist bekanntlich überall – auch in der Fußgängerzone.
Bestens gerüstet für den Kurztrip ins Grüne
Hand aufs Herz: Wer unternimmt heute noch spontan eine mehrtägige Wandertour durch das Atlasgebirge oder die Alpen? Das sei den leidenschaftlichen Wanderern und Extremsportlern vorbehalten. Der moderne Städter mag es kurz und bündig. Ein Wochenendausflug ins Grüne oder ein entspannter Nachmittag in der Natur sind ihm Alltagsflucht genug. Für Schürg hängt der Trend mit der Work-Life-Balance vieler Städter zusammen. Berufstätige mit einer 50-Stunden-Woche hätten einfach keine Zeit oder Energie für ein anspruchsvolles Wanderwochenende durch die Rocky Mountains.
Doch nichtsdestotrotz: Obwohl die Ausflüge immer kürzer und harmloser werden, wird die Outdoor-Mode immer raffinierter. Städter wollen schließlich auch bei ihrem Tagesausflug bestens gerüstet sein. Zukunftsforscher Steinle kann das nur bestätigen: „Wer geht heutzutage noch ohne Satellitennavigation wandern?“ So bedeutet die Urbanisierung der Funktionskleidung keineswegs, dass sich die Hersteller bei der technischen Raffinesse zurücknehmen. Im Gegenteil: Urban Outdoor-Jacken stehen dem Profimodell in kaum etwas nach.
Urban-Outdoor – für die Stadt gemacht
Bei der Funktionalität spielt auch Urban-Outdoor mit allen Regeln der Kunst – anders beim Komfort. Im Gegensatz zur klassischen Outdoor-Wear ist die urbane Variante spürbar leichter und bequemer. Daher sind Natur Materialen bestens für die Stadt geeignet. Hanffasern sind leicht und fühlen sich angenehm auf der Haut an, da die Stadt auch gern Mal stickig wird und das nicht nur im Sommer, helfen natürliche Materialien bei den Stadtwanderungen die Temperatur zu bewahren.
Eine Jacke für die City muss keinem 10 Kilo schweren Rucksack standhalten – höchstens einer normalen Handtasche oder einem kleinen Bagpack. Umso leichtere Materialien verwenden die Hersteller. Hauptsache sie sind atmungsaktiv. Geschickt lässt die neue Outdoor-Generation Luft an den Körper, Wasser aber muss draußen bleiben.
Outdoor-Mode 2.0 – Funktionalität trifft auf Style
Da Outdoor-Kleidung heute auch außerhalb der Wildnis zum Einsatz kommt, steigen die Designansprüche. Sie muss sich nicht nur gut anfühlen, sondern auch gut aussehen. In 8000 Metern Höhe auf dem Himalaya interessiert es kaum jemanden, wie man angezogen ist – in der City aber sehr wohl. So haben die Designer eine große Aufgabe: Style und Funktionnalität zusammenbringen und gerade das geht auch mit Nachhaltigen Textilien wie Schur-Wolle, Hanffasern und Bambusfasern. Der Öko-Style war gestern, heute sieht faire Outdoor Mode ebenso modern aus wie andere nicht faire Marken.
Gerade bei den Passformen ist Stilgespür gefragt. Weite Oversize-Modelle im Michelin-Männchen-Stil waren gestern, heute sind trendige Slim Fits. Auch an der Farbwahl hat sich einiges getan. Die Outdoor-typischen leuchtenden Neonfarben machen Platz für schlichte Nuancen wie Weiß, Beige, Khaki, Navy oder Schwarz. Dazu gesellen sich auffällige All-Over-Prints im trendigen Military-, Blumen- oder Streifenlook.
Back to the roots mit Urban-Outdoor
Zukunftsforscher Steinle sieht in Urban-Outdoor mehr als einen Fahion-Hype. Er erkennt darin ein tiefverwurzeltes Bedürfnis der modernen Generation. Der Mensch will zurück zu seinem Ursprung, zurück zur Natur. In Großstädten ist die Naturflucht aber gar nicht so einfach. Wo bleibt zwischen Wolkenkratzern und dicht aneinander geschmiegten Häuserketten schon Platz für ein kleines Stück Grün? Umso größer ist die Sehnsucht nach ein klein wenig mehr Natürlichkeit. Diese Sehnsucht macht erfinderisch: Städter bepflanzen ihre Dächer und Balkone oder mieten sich kleine Ackerflächen. Für ein wenig Entschleunigung ist ihnen keine Mühe zu groß.
Bei Urban-Outdoor ist es nicht anders. Die Funktionskleidung, ursprünglich für die Natur gemacht, schenkt uns ein Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit. Und Naturfasern aus nachhaltigem Anbau unterstützen das Gefühl. Früher war Luxus noch das edle 5-Sterne-Hotel in der Innenstadt, heute ist es die einsame Hütte im Wald.